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Das nahe Ende des Josef Taus

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Drei Wochen hindurch nach der Wahl zeigte die ÖVP-Führung ihr anderes, besseres Ich: eine verschworene Gemeinschaft auf der ehrlichen Suche nach einem neuen Anfang und nicht nach Sündenböcken.

Jetzt ist sie wieder, als was wir sie die meiste Zeit kannten: ein Haufen widerspruchsvoller Interessenvertreter, die ihren einzigen gemeinsamen Nenner in der Formel „Der Obmann muß gehen, damit wir bleiben können“ finden.

Am 21. Juni soll sich entscheiden, ob der Bundesparteivorstand die Bedingungen annehmen will, unter denen Josef Taus seinen Verbleib an der Spitze der Partei zugesagt hat. Derzeit deutet alles darauf hin, daß dies nicht der Fall sein wird. Taus packt schon ein.

Es fing damit an, daß aus einer bestimmten Ecke ein Mann, der seit Jahren die Köpfe anderer rollen läßt, um den eigenen zu retten, hinter dem Busch zum Halali zu blasen anfing. Einige der unabhängigsten der unabhängigen Journalisten nahmen den Jagdruf auf. •

Maßgebliche Funktionäre der ÖVP-Teilorganisationen, vorweg des Bauern- und des Wirtschaftsbundes, denen die Reformpläne des Obmanns nie geheuer gewesen waren, stießen zu dieser Jagdpartie. Nach und nach stahlen sich auch einige der Landesfürsten in die Gesellschaft derer, die ihre Flinten luden. Das auserwählte Opfer hat kaum noch eine Chance.

Man soll nicht zu einseitig urteilen. Sicher hat der ÖVP-Obmann nach dem 6. Mai parteiintern nicht immer geschickt taktiert. Nicht wenige verstanden sein allzu ultimativ übermitteltes Reformpaket als Absprungbasis: Er wolle gehen, hieß es, aber die Schuld an seinem Abgang spektakulär den anderen aufladen.

Vermutlich tut man ihm damit unrecht. Vermutlich wäre er ernsthaft bereit gewesen, in gewissenhafter Generalstabsarbeit die Weichen für eine tiefgreifende Pärteireform zu stellen, ehe er nach einigen Jahren freiwillig abgetreten wäre. Das hätte der ÖVP voraussichtlich den Verschleiß eines weiteren Obmanns erspart und seinem Nachfolger eine auf Reformkurs geführte Partei beschert, ohne daß dieser mit den teilweise wohl schmerzhaften Reformfolgen persönlich belastet gewesen wäre.

Die Männer um Taus werden, so scheint es, den Weitblick für solche Strategie nicht aufbringen. Nun käme es darauf an, daß keiner der beiden Nachfolge-Spitzenkandidaten, Alois Mock und Erhard Busek, sich als Werkzeug für ein - auch im Hinblick auf ihre eigene Karriere -selbstmörderisches Unterfangen hergibt.

Soll doch einer der bündischen oder länderischen Obmannkiller selber im Interesse der Partei, von der bald wieder viel die Rede sein wird, seinen Kopf hinhalten!

Es sei denn, sie tun im letzten Augenblick noch, was nach dem Stand der jüngsten Tage ein echtes Wunder wäre, und reformieren zusammen mit Taus (der jetzt freilich auch noch flexibler werden müßte) sich selbst und ihre Partei, die Österreichs Demokratie mehr denn je nun braucht.

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