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Mock stets besser als Propheten

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Die Nachtigall, sie war entfernt, der Frühling lockt sie wieder; was Neues hat sie nicht gelernt, singt alte, liebe Lieder.

So hat Goethe vor fast 200 Jahren die ÖVP beschrieben: im neuen Frühling das alte Lied! Jetzt schwören wieder alle dem Obmann Treue und Gefolgschaft. Wie lange es anhält, wird man sehen. Die Lage ist trüb und ernst. Und sie ist es nicht, weil die Zeitungen das sagen, sondern die Zeitungen sagen es, weil's wahr ist.

• Wahr ist freilich auch, daß einer die Last auf sich nehmen mußte. Daß Alois Mock es getan hat, verrät eine Eigenschaft, die ihn als Politiker von der ersten Stunde an gekennzeichnet hat: Loyalität. Vielleicht ist keine andere in dieser Partei im Augenblick mehr vonnöten. Deshalb muß man Mock aufrichtig alles Gute wünschen. Er trägt die Hoffnungen von immerhin zwei Millionen Menschen, die nicht ohnmächtig zusehen möchten, wie ein paar Funktionäre diese Partei, die 1945 Österreich mitbegründet hat, demontieren.

Zugunsten Mocks ist auch zu sagen, daß er sich bisher noch in jeder Position besser schlug, als viele prophezeit hatten. Das gilt für die Leitung des Unterrichtsressorts und es gilt im besonderen für die ÖAAB-Obmannschaft und die ÖVF-Klub-führung im Parlament. Jedesmal hatten, wie es nun einmal üblich ist in dieser Partei, Leute des eigenen Lagers hinter vorgehaltener Hand Zweifel an Mocks Qualitäten geäußert. Jedesmal hat Mock selbst diese Zweifel durch harte Arbeit zerstreut. Das jedenfalls spricht stark für ihn.

Für ihn spricht auch, daß er die Kandidatur mit Bedingungen verband, um deren Erfüllung entschlossen rang und die ganze Reform mit dem Juli-Parteitag nicht enden, sondern erst beginnen lassen und in breite Mitgliederschichten tragen will. Am Tag seiner Berufung hat Mock jene Eigenschaft gezeigt, die viele an ihm am meisten vermissen zu müssen glauben: Härte. Er wird sie brauchen, sobald die Schwurfinger seiner Freunde gewohnheitsmäßig wieder dorthin tasten werden, wo die Messer sitzen.

Österreichs Christen können sich mit Alois Mock als einen ihrer glaubwürdigsten Vertreter leicht und voll identifizieren. Um so mehr wird man es gerade ihm abnehmen können, wenn er die Tore der Partei auch für interessierte Weggefahrten liberaler und anderer geistiger Herkunft öffnet. Denn das tut not.

Sixtus Lanner hat gezögert, auf seinem Posten zu bleiben, und dann bis zum Ablauf seiner Wahlperiode (1980) zugesagt. Beides ehrt ihn. In früheren Positionen war er als Erster immer gut. Seit er als Generalsekretär die zweite Geige zu spielen hatte, lief manches anders als erwartet. Das rechtfertigt seine Bedenkzeit.

Aber vielleicht lag das Problem im Gespann mit Taus und Bergmann. Vielleicht geht es mit Freund Mock viel besser. Deshalb war es richtig, daß er sich im Parteiinteresse für einen neuen, zeitlich begrenzten Versuch gewinnen ließ. Auch ihm ist Erfolg zu wünschen. Leicht erreichbar hängt ohnehin keiner an den politischen Bäumen Österreichs.

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