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Partei und Kirche bleiben getrennt

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Wie war das mit der Rücktrittsdrohung? Ist Profilierung in der Opposition und Mitverantwortung möglich? Wie hält man sich die FPÖ als möglichen Partner warm? Und Wählerinnen?

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Wie war das mit der Rücktrittsdrohung? Ist Profilierung in der Opposition und Mitverantwortung möglich? Wie hält man sich die FPÖ als möglichen Partner warm? Und Wählerinnen?

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Der „Kurier” hat es am 13. August verkündet, und Tausende ÖVP-Menschen staunten: Alois Mock tritt als Bundesparteiobmann zurück, wenn ihm die Partei nicht auf seinem Privilegienabbau-Weg folgt! Der Donner hallte länger als alle Sommergewitter.

Wahr ist: Mock hat in dem Interview den eingestreuten Halb-

satz, den man allenfalls so interpretieren konnte, gar nicht so wild gemeint. Wahr ist auch: Er war hinterher über die Wirkung dieser Interpretation gar nicht böse: „Wir leben in einem Land, wo ein Journalist frei interpretieren darf.”

Sehr viel frei interpretieren möchte Mock aber seine Politikerkollegen in der Privilegienfrage jetzt wirklich nicht mehr lassen: Uber die Beseitigung von Doppelabfertigungen waren sich bald schon alle Parteien einig. Bei den politisierenden Beamten setzte der ÖVP-Obmann die Regelung durch, sie zwischen Freistellung (ohne Bezug) oder Beamtentätigkeit wählen zu lassen; im Unvereinbarkeitsfall soll eine zeitweilige Versetzung in den Ruhestand erfolgen.

Mock setzte sich mit der Forderung nach voller Bezügeversteuerung bei Politikern durch (obwohl ein realistisches Aufwandspauschale wirklich kein Privileg gewesen wäre); jetzt müssen sie alle Belege fürs Finanzamt sammeln. Und gegen eine völlige Neuregelung der Bezüge für Klubob-

manner leistete der ÖVP-Chef Widerstand, weil die Optik schlecht gewesen wäre.

Mock der Puritaner. Wenn man’s einem abnimmt, dann ihm. Aber ein anderes Privileg wird auch innerhalb der ÖVP (wie in jeder Partei) nicht über Nacht abschaffbar sein; das der Männer, Mandate und Funktionen zu ergattern.

„Mir ist es mit der Gleichstellung der Frauen wirklich ernst”, versichert er. Aber in seinem Vorzimmer kann man in der „österreichischen Frau” lesen, daß die letzte ÖVP-Statutenreform zu einer Verringerung der Frauenfunktionen innerhalb der Partei geführt hat.

„Das stimmt. Wir haben mehr Funktionen von der automatischen Berufung in die Kategorie der Wahl gerückt. Das war mehr Demokratie, aber hat zu einem neuen Übergewicht der Männer geführt.” Dem kann man nur mit Überredungskunst beikommen. Er will sie aufbieten — „mit ganzer Kraft. Immer wieder.”

Mit ganzer Kraft hat Mock sich auch dem Aufbau der Internationalen Demokratischen Union (IDU) gewidmet, zu deren Präsident er gewählt wurde. Will er einen Frieden in Mittelamerika vermitteln? „Etwas so Vermessenes habe ich nie behauptet. Kurzfristig werden wir die politisch- militärische Situation nicht ändern. Langfristig gilt es, durch wirtschaftlich-soziale Reformen neue Verhältnisse zu schaffen.”

Das Verhältnis zur Freiheitlichen Partei ist seit deren Eintritt in die Regierung (Mock: „ihr gutes Recht”) besonders prekär ge worden: Einerseits muß die einzige Oppositionspartei sie kritisieren, zum anderen soll sie sich einen potentiellen künftigen Koalitionspartner nicht für immer ver- grämen.

Mock (der u. a. reibungsfreie Beziehungen zum FPÖ-Klubob- mann Friedrich Peter reklamiert): „Unsere natürliche Auseinandersetzung erfolgt mit den Sozialisten. Hier werden wir die grundsatzpolitische Alternative künftig stärker herausarbeiten.”

Wie verträgt sich das mit der staatsmännischen Bereitschaft zur Mitverantwortung, etwa für die verstaatlichte Industrie?

Für Mock zumindest theoretisch kein Problem: mehr Profi lierung als Alternative in weltanschaulich geprägten Grundsatzfragen (Familienpolitik, Eigentumspolitik, Schutz des Lebens in allen seinen Formen, Natur inbegriffen), Kooperation in Fragen nationalen Interesses.

Wie sieht der ÖVP-Chef das Verhältnis zur Kirche? Der Katholikentag 1933 war ein letzter Versuch in Richtung „Parteikirche”, dem der Katholikentag 1952 eine endgültige Abfuhr erteilte.

Wirklich endgültig? Mock ohne Zögern: „Ja. An der politischen Mündigkeit des einzelnen Christen soll nicht gerüttelt werden.” Kirche Und Staat sollten es dem ÖVP-Obmann danken.

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