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Die ÖVP-Krise

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Wenn morgen der steiri-sche Landtag zu wählen wäre, führe .Joschi“ Krainer die reichste Ernte der ÖVP-Geschichte ein. Würde der Nationalrat gewählt, erlebte die Volkspartei ein Debakel.

Das hat eine Sommerumfrage ergeben. Dabei kam sicher auch spezifisch Steiri-sches zum Ausdruck — der gezielt geschürte Draken-Unmut zum Beispiel. Und fast immer seit 1945 lag in ÖVP-dominierten Ländern die Landes-ÖVP vor der Bundespartei. Am Trend ist also nicht viel Neues auszumachen. An der Größe des Abstands freilich ja: Der ist katastrophal geworden.

In den ,Jiohdaten“ (ohne Zurechnung von Unentschlossenen und Antwortverweigerern) liegt die Krai-ner-ÖVP um 16 Prozentpunkte vor der Gross-SPÖ — die Vranitzky-SPÖ aber um zwei Prozentpunkte vor der Mock-OVP.

Das ist ein Drama, das die vielen, die von der Notwendigkeit einer handlungsfähigen Volkspartei überzeugt sind, nicht zur Ruhe kommen lassen darf. Diese Partei hat auch nach der von ihr verlorenen Parlamentswahl 1986 unter Führung Mocks Bedeutsames geleistet — bei den Regierungsverhandlungen ebenso wie jüngst beim Austarieren des Sparpakets. Aber sie ist unfähig, diese Rolle darzustellen. So kann es nicht weitergehen.

Wer das ausspricht, ist ein Patriot, nicht ein Miesmacher. Herbert Krejci hat es getan und durch die schlimme Redewendung, man sollte eine ,JStauffenberg“-Lösung finden, leider wieder alles kaputtgemacht. Der Zusatz war eine Entgleisung — die Grundaussage eine Binsenwahrheit.

Ungerecht wäre es, Bun-desparteiobmann Alois Mock die ganze Schuld anzuhängen. Andere tragen mit an dieser Schuld: etwa Lan-desparteiobmänner, die selbst Parteiverantwortung scheuen, oder Speichellek-ker, die Mock einreden, Kritik käme nur von einigen Außenseitern (das ist eine Lüge, und die Lügner wissen es).

Eine Krise hat immer mehrere Ursachen. Niemand, dem die Volkspartei ein Anliegen ist, erwartet Panikmaßnahmen. Unerträglich geworden ist das Ausmaß der Bagatellisierung der Krise durch die Parteispitze.

Von Mock erwarten seine wirklichen Freunde nicht Beknirschung und Rücktritt, aber ein offenes, nüchternes Bekenntnis: Ich weiß, es steht schlimm. Natürlich muß etwas geschehen. Wir arbeiten auch längst an einer Gegenstrategie...

Ein Mock, der diese Botschaft würdig und glaubwürdig zu vermitteln verstünde, ginge als Großer in die Parteigeschichte ein. Ein betulicher Verharmloser hat diese Chance nicht mehr.

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