6936730-1983_12_27.jpg
Digital In Arbeit

Konflikt-Automatik

Werbung
Werbung
Werbung

Vordergründig ist Hannes Androsch als Finanzminister über seinen Lebensstil und die Consultatio gestolpert, ln Wahrheit haben, wie wir wissen, zuerst tiefgreifende Auffassungsunterschiede in Sachfragen zum Bruch der Beziehung Kreisky — Androsch geführt.

Finanzminister Solcher können, soweit heute bekannt, weder sein Lebensstil noch irgendwelche Privatgeschäfte zum Stolperstein werden. Eine Auseinandersetzung mit Bruno Kreisky wird, sollte er nach der Wahl noch Finanzminister und Kreisky noch Bundeskanzler sein, trotzdem unweigerlich auf Herbert Salcher zukommen. Letzte Äußerungen von ihm lassen erkennen, daß sein mit der Amtsdauer wachsendes Problembewußtsein seiner Loyalität zu einem Regierungschef, der jeden zweiten Tag eine dubiose, nicht akkordierte wirtschaftspolitische .Lösung“ aus dem Hut zieht, irgendwo einmal Grenzen setzen wird.

Abgesehen einmal davon, daß es seinem geradlinigen Charakter entsprechen dürfte, war Herbert Salchers einzige Uberlebenschance bisher die absolute Loyalität zum Regierungschef: Von Bruno Kreisky gemacht, ohne entsprechende Hausmacht in der Partei und ohne wirkliche Erfahrung im Amt, blieb Salcher gar nichts anderes übrig, als alle wirtschaftspolitischen Eingebungen des Kanzlers zu vertreten.

Hier sind, und das vergißt man gerne angesichts des heute total zerstörten Verhältnisses zwischen ihm und Kreisky, durchaus Parallelen zu den ersten Jahren von Hannes Androsch als Finanzminister zu sehen. Auch Androsch verdankte sein Amt unmittelbar Kreisky und vollzog in den ersten zwei Legislaturperioden nicht eine von ihm, sondern von den ökonomischen Beratern des Kanzlers konzipierte Wirtschaftspolitik.

Als ihm mit zunehmender Amtsdauer die Sackgasse, in’ die diese Politik in verschiedenen Bereichen (Staatsschulden, Pensionen, Struktur der verstaatlichten Industrie, u. a.) langfristig führen muß, bewußt wurde, versuchte er gegenzusteuem: zuerst sehr vorsichtig (zu vorsichtig, wie wir heute wissen), dann immer offener gegen die offizielle Linie verstoßend.

Hannes Androsch war elf Jahre Finanzminister, Herbert Salcher ist es erst zwei Jahre. Er hat, bleibt er im Amt, diese Phase noch vor sičh, will er sich — und alles deutet darauf hin — als Wirtschaftspolitiker emanzipieren.

Es scheint dies eine unabänderliche Automatik zu sein: Will man als Finanzminister ernst genommen werden, gerät man irgendwann mit dem Kanzler in Konflikt. Möglicherweise nicht nur, wenn dieser Kanzler Bruno Kreisky heißt. Mit dem aber jedenfalls todsicher.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung