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Wie es Androsch nun macht, ist es falsch

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Im Wahlkampf 1975, als Josef Taus von der steirischen ÖVP ein Mandat angetragen bekam, wetterte Finanzminister Hannes Androsch in der „Arbeiter-Zeitung” (16. April 1975): Ein Bankdirektor im Nationalrat könnte sich dann Informationen verschaffen, die ihm einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Banken böten.

Dreißig Monate später publizierten die Zeitungen Vermutungen über Zusammenhänge zwischen dem äußerst raschen Wachstum der „Consultatio” und der politischen Potenz ihres Mehrheitseigners Androsch. Androsch reagierte wehleidig.

Mit formal richtigen Entgegnungen versuchte er seine Stellung als „Consul-tatio”-Eigner und als Vizekanzler zu halten. Am Ende dieser Auseinandersetzung, die seinerzeit fast zum völligen Bruch zwischen Kanzler Bruno Kreisky und Androsch geführt hätte, wurde eine Treuhänderlösung gefunden: Drei Präsidenten von drei Kammern der Freiberufler sollten eine Art Kontrolle über den Kundenstock der „Consultatio” ausüben.

Diese „Treuhänder”-Lösung stand von Beginn an auf sehr schwachem juristischen Boden. Das wußte Kreisky ebenso wie Androsch. Darüber gab es Gutachten renommierter Universitätsprofessoren, und schließlich ließ sich auch einer der Treuhänder, Franz Bur-kert, von seiner Kammer bestätigen, daß diese Treuhändertätigkeit mit der Berufsordnung der Wirtschaftstreuhänder unvereinbar ist. Dennoch wurde die Inauguration der „Consultatio” im ORF wie ein Staatsakt feierlich zelebriert.

Nunmehr meinte Kreisky, daß es sich dabei nur um „einen ersten Schritt” gehandelt hätte, dem ein zweiter nachzusetzen sei. Androsch reagierte empört, drohte für diesen Fall mit seinem Rücktritt als Finanzminister.

Insbesondere jene sozialistischen Funktionäre, denen die diversen Verbindungen der „Consultatio” etwas transparenter sind, fanden diese Reaktion von Hannes Androsch durchaus akzeptabel. So auch Kreisky. Berichten zufolge, die aber nicht unwidersprochen blieben, riet er vor dem Klub der SP-Nationalräte zur Trennung vom Finanzminister Androsch. Zu diesem Vorschlag gab es laut Augen- und Ohrenzeugenberichten respektablen Applaus.

Nun plötzlich sah sich Androsch doch in der Lage, einen zweiten Schritt zu setzen: Er bot eine neue „Treuhandlösung” an, nachdem er bislang behauptet hatte, daß die alte Lösung ohnedies vollkommen sei. Er, der sich angeblich nie für die „Consultatio” interessiert hätte, erkannte plötzlich die

Möglichkeit, seinen Mitarbeitern nebenberufliche Tätigkeiten aller Art untersagen zu können.

Kenner des Arbeitsrechtes halten die Verwirklichung dieser Absicht für juristisch äußerst problematisch. Die sogenannte „Konkurrenzklausel”, so heißt es, sei hier schwer anwendbar, weil doch den „ConsuItatio”-Mitarbeitern gerade jene Tätigkeiten verboten würden, die doch die „Consultatio” ohnedies nicht annehmen dürfe.

Noch weiter will Androsch freilich nicht gehen: Schon ahnt er „Salamitaktik”, mit der man ihm seine ganze schöne „Consultatio” wegnehmen will.

Androsch argumentiert, daß er ohne „Consultatio” nicht unabhängig sei. Dem dürfte nicht ganz so sein: Trennt er sich von der „Consultatio”, dann dürfte sein politischer Lebensweg noch lange dauern; insofern wäre zu erwarten, daß er es in den Jahren bis zu einer möglichen Politiker-Pensionierung (1993) gar noch bis zum Bundeskanzler bringen wird.

Trennt er sich von seiner „Consultatio” nicht, dann schränkt er die Möglichkeiten seiner politischen Karriere stark ein. Auch als Direktor einer verstaatlichten Bank dürfte es ein NichtMehr-Politiker Androsch samt seiner „Consultatio” schwer haben. Natürlich weiß Androsch das alles.

Zweifellos ist seine Lage äußerst schwierig. Was immer er macht, er macht es falsch: Mit der „Consultatio” ist er als Politiker schwer denkbar, ohne „Consultatio” hätten plötzlich alle recht behalten, denen dieser Androsch-Besitz schon immer ein Dorn im Auge der politischen Vereinbarkeit war.

Seine Behauptung, ohne Steuerkanzlei würde er seine Berufsbefugnis als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer verlieren, ist ohnedies hinfällig, seit bekannt ist, daß er neben der „Consultatio” auch noch eine auf seinen Namen lautende Steuerkanzlei weiterführt.

In dieser für Androsch tatsächlich äußerst schwierigen Situation sollte man fast schon wieder Mitleid mit dem Vizekanzler und Finanzminister haben. Besser als alle Zeitungen und Kontroll-amtsberichte zusammen weiß er, daß die Sache mit dem Allgemeinen Krankenhaus noch lange nicht ausgestanden ist, daß innerhalb der SPÖ die Verärgerung über seine private Geschäftstüchtigkeit gewachsen ist und daß die Öffentlichkeit bei seinem Konflikt mit Kreisky eindeutig auf der Seite des Bundeskanzlers steht.

Androsch mag noch so reich sein, das Geschäft seiner „Consultatio” mag noch so blühen, politisch ist der „Lei-der-nein-Millionär” heute ein armer Mann.

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