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Die Moral von der Geschieht'?
Daß Vizekanzler An-droscn nach seinem „Sieg“ über Bundeskanzler Kreisky auch von ÖVP-Abgeordneten laufend Gratulationen bekam, sagt eigentlich alles. Die von der ÖVP geführte Diskussion, ob sich der erlernte Beruf mit dem politischen Amt, und die von der SPÖ geführte Diskussion, ob sich Einkommen, Vermögen und Lebensstil des Hannes Androsch mit sozialistischen Grundsätzen vereinbaren lassen, haben zu einer spontanen Allianz jener Kräfte in den beiden Parteien geführt, für die deren Gegner nur die negativ gemeinte Bezeichnung „Technokraten“ übrig haben.
Immer deutlicher hatte sich abgezeichnet, daß eine in die Enge getriebene SPÖ extreme Unvereinbarkeitsregeln (auch für Abgeordnete!) aufstellen könnte, unter denen auf Sicht die ÖVP mehr als die SPÖ zu leiden hätte. Mit zunehmender Dauer der Anti-Androsch-Kampagne hatte man auch erkennen
müssen, daß, trotz des persönlichen Zuschnitts der Kampagne, mit dem Finanzminister auch von der Volkspartei traditionell hochgehaltene Werte in Mißkredit zu kommen drohten: der freie, dynamische Unternehmer, Leistungsbereitschaft und Eigenvorsorge. Wäre Hannes Androsch nicht „zufällig“ auch Finanzminister einer sozialistischen Regierung - die ÖVP hätte vermutlich nur wenig an ihm auszusetzen.
Typischerweise wurde die Sache dann schließlich auch durch eine Lösung aus der Welt geschaffen, die keine ist: Obwohl die Einschaltung eines Treuhänders materiell absolut nichts ändert, wurde sie von vielen Betroffenen bereitwillig zum Anlaß für einen geordneten Rückzug genommen.
Und die Moral von der Geschieht'?
Soll unser Parlament, wie es sein Auftrag ist, tatsächlich die Bevölkerung dieses Landes repräsentieren, wird man keine Berufsgruppe von vornherein vom Abgeordnetendasein oder von einem Regierungsamt ausschließen dürfen. Ein Steuerberater als Finanzminister ist a priori genauso verdächtig oder unverdächtig wie ein Rechtsanwalt als Justizminister, ein Landwirt als Landwirtschaftsminister, ein Großhändler als Handelsminister, oder ein Verteidigungsminister mit einem Waffenhändler als Freund.
Akzeptiert man diese Regel, dann muß man sich anderseits aber auch im klaren darüber sein, daß es dann immer wieder problematische Fälle geben wird.
Ich bin der Meinung, daß man sie um der Sache willen in Kauf nehmen sollte. Man wird von den Betroffenen ein über das Normale hinausgehendes Maß an Integrität verlangen müssen. Die Betroffenen werden ihrerseits wiederum von der Öffentlichkeit erwarten dürfen, daß man ihre Integrität nicht an der Optik mißt. Es soll ja auch schon vorgekommen sein, daß fachfremde Würdenträger korrupt waren...
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