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Verantwortung ist der Preis der Größe

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Bundeskanzler Bruno Kreisky ist über die Initiative der Volkspartei für eine Sondersitzung des Nationalrates „keineswegs verärgert". Er erwartet sich vielmehr eine beträchtliche Klarstellung vom Donnerstag. Welcher Staatsbürger teilt nicht mit ihm diese Hoffnung?

Und deshalb ist es logisch und gut, daß die Volksvertreter für einige Stunden ihren Urlaub unterbrechen. Denn ihnen sind die Mitglieder der Bundesregierung verantwortlich.

Ein Abgeordneter darf sich einfach nicht damit zufrieden geben, die Verantwortung eines Ministers in der Zeitung nachzulesen. Er selbst muß, will er gewissenhaft sein, kontrollieren, Aufklärung fordern.

Unverständlich wäre es daher gewesen, wenn man damit auf den nächsten ordentlichen Sitzungstag gewartet hätte: der ist nämlich erst für den 7. Oktober vorgesehen.

Für die Abgeordneten aller drei Parlamentsparteien wird es freilich nicht leicht sein, die Diskussion so zu führen, daß am Ende dann tatsächlich Klarstellungen stehen.

Natürlich wird sich die SPÖ schützend vor ihre Regierung stellen, auch vor Finanzminister Hannes Androsch, wenn ihm die Volkspartei das Vertrauen entziehen will. Aber das hat Grenzen. Denn auch die sozialistischen Abgeordneten haben die Regierung zur Verantwortung zu ziehen - verteidigen muß und kann sie sich selbst.

Niemand kann andererseits der Volkspartei verübeln, daß sie aus dem AKH-Skandal politisches Kapital zu schlagen sucht. Sie wäre ja sonst die erste und einzige Oppositionspartei, die eine derartige Chance nicht nützte. Nur darf sie dabei den Bogen nicht überspannen. Dies wäre sicherlich dann der Fall, wenn sie sich in pauschaler SPÖ-Beschuldigung erginge. Dies würde auch all jene in den Reihen der Regierungspartei vor den Kopf stoßen, die um eine Bereinigung dieses größten politischen Skandals in Österreich ehrlich bemüht sind.

Die FPÖ wird sicherlich in bewährter Manier verbale Ohrfeigen nach beiden Seiten verteilen und kräftig am eigenen Sauber-Image polieren. Doch der Nachweis, wie gut man selbst ist, ist dermalen nicht gefragt.

Was darf man also erwarten? Was wäre eine beträchtliche Klarstellung?

Wenn die Sondersitzung eine Grundsatzdiskussion zum Thema politische Verantwortung bringt, die von allen ehrlich geführt wird, dann hat sie sich gelohnt. Die Parteien sollten nur nicht übersehen, daß sie sich die Latte sehr hoch gelegt haben.

Politisch verantwortlich ist man gerne, wenn es in Vorwahlzeiten um Erfolgsbilanzen geht: Wir haben die Arbeitsplätzegesichert. Wir sind dafür verantwortlich, daß Osterreich demokratischer und menschlicher ist. Wir haben . . .

Nur beim AKH-Skandal will es keiner gewesen sein. Die Verantwortung übernimmt man lediglich ab jetzt für den Weiterbau.

Wurde bisher verantwortungslos gebaut? Mit der Vehemenz, mit der man glaubt, diese Frage verneinen zu müssen, sollte die politische Verantwortung herausgearbeitet werden. Diese Aufgabe haben die Volksvertreter.

Verantwortung, meinte einmal Win-ston Churchill, ist der Preis der Größe. Jetzt werden wir sehen, wer wirklich groß ist.

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