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Nur lauter Zufälle?

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Ungefragt forderte Wiens Bürgermeister Leopold Gratz in einem „Presse"-Gespräch am 7. August eine Aufklärung „aller persönlichen Verflechtungen" rund um den Skandal beim Bau des Wiener Allgemeinen Krankenhauses. Unausgesprochen zielte er damit auf seinen Parteifreund Hannes A ndrosch. Tags darauffuhr die Volkspartei mit schweren Geschützen auf: Generalsekretär Sixtus Lanner verdächtigte den Finanzminister, über seine Steuerkanzlei „Consultatio" indirekt am A KH mitverdient zu haben. Voraussichtlich am 2 LA ugust wird Androsch in einer Sondersitzung des Nationalrates mit einem Mißtrauensantrag der großen Oppositionspartei rechnen müssen. Die FURCHE beleuchtet den Hintergrund vor dem die nunmehrige Diskussion spielt.

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Ungefragt forderte Wiens Bürgermeister Leopold Gratz in einem „Presse"-Gespräch am 7. August eine Aufklärung „aller persönlichen Verflechtungen" rund um den Skandal beim Bau des Wiener Allgemeinen Krankenhauses. Unausgesprochen zielte er damit auf seinen Parteifreund Hannes A ndrosch. Tags darauffuhr die Volkspartei mit schweren Geschützen auf: Generalsekretär Sixtus Lanner verdächtigte den Finanzminister, über seine Steuerkanzlei „Consultatio" indirekt am A KH mitverdient zu haben. Voraussichtlich am 2 LA ugust wird Androsch in einer Sondersitzung des Nationalrates mit einem Mißtrauensantrag der großen Oppositionspartei rechnen müssen. Die FURCHE beleuchtet den Hintergrund vor dem die nunmehrige Diskussion spielt.

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„Warum" so fragt Egon Matzner am 7. August in einem Leserbrief an die „Arbeiter-Zeitung", „warum bedenkt Vizekanzler Dr. Androsch nicht, daß er, wenn er der Rechtfertigung der Beschuldigten (im AKH-Skandal) folgt, beim gegenwärtigen Stand der Untersuchung die Wahrheitsfindung behindern könnte? Denn das Rechtshilfeabkommen zwischen Österreich und Liechtenstein erstreckt sich nur auf kriminelle Delikte".

Und derlei will Hannes Androsch nicht wahrhaben. Bekanntlich hatte er kürzlich zum AKH-Skandal gemeint, daß es sich dabei nur um Gewinnverschiebungen und „steuerschonende" Transaktionen handeln würde. Eine ähnliche Position vertreten auch die in Untersuchungshaft einsitzenden Herren Adolf Winter, Siegfried Wilfling und Co.

Zur laufenden Aufklärung des AKH-Skandals hat Androsch bislang wenig beigetragen. Im Gegenteil: Wo Androsch konnte, blockte er ab. Nur unter dem Druck der Beweislast war er bereit zuzugeben, daß er seinerzeit seinen Freund Siegfried Wilfling an die Gemeinde Wien vermittelt hätte (daraufhin beauftragte Wilflir.gs „Odelga" Androschs „Consultatio" mit der Wirtschaftsprüfung).

Fast noch schwerer fiel Androsch die Feststellung, daß zwischen der im AKH-Bereich schwer verdienenden Firma „ökodata" seines Freundes Franz Bauer und der „Consultatio" enge geschäftliche Verbindungen bestehen.

Tatsächlich könnte Androschs „Consultatio" in der AKH-Affäreeine

wesentlich größere Rolle spielen, als das der Vizekanzler und „Consulta-tio"-Mehrheitseigner bisher zugeben wollte.

Die „ökodata" von „Consultatio"-Geschäftsführer Bauer wuchs aus der Androsch-Steuerberatungsfirma zu dem Zeitpunkt heraus, als es fette Spitalsaufträge zu erledigen gab.

„Bauer konnte sich nur mit Zustimmung von Finanzminister Androsch an der .ökodata' beteiligen", schrieb die „Kronen-Zeitung" schon am 5. August 1978. Androsch hat diese Tatsachenfeststellung nie dementiert. Wie denn auch: Kein vernünftiger Unternehmer würde zulassen, daß sein Geschäftsführer ein Unternehmen gründet, das eine potentielle Konkurrenz für das eigene Unternehmen darstellt.

Zustimmungen zu solchen Unternehmungsgründungen wird man in der Geschäftswelt kaum antreffen - es sei

denn, es liegen dafür besondere Gründe vor, etwa ein koordinierter Transfer von Aufträgen zwischen solchen Unternehmen.

Finanzminister Hannes Androsch war der Vater der Gründungsidee für die AKH-Planungs- und Errichtungsgesellschaft (AKPE). Dazu bekennt er sich auch heute. Er hatte auch von Beginn an in der AKPE ein gewichtiges Wort in der Personalpolitik zu reden.

Zunächst wurde einer der engsten Androsch-Mitarbeiter im Finanzministerium, Sektionschef Walter Waiz, zum Vorsitzenden des AKPE-Auf-sichtsrates. Für die Stadt Wien übernahm Obersenatsrat Heinz Horny die Funktion des stellvertretenden AKPE-Aufsichtsratvorsitzenden.

Dessen Sohn, Heinz Horny junior, ist leitender „Consultatio"-Angestellter. Ein weiterer AKPE-Aufsichtsrat, Siegfried Wilfling, ver-

fügt Uber einen guten geschäftlichen Draht zur „Consultatio".

Formell bestellt der AKPE-Auf-sichtsrat den AKPE-Vorstand. Nominiert wurden hiefür im Herbst I97S der nunmehrige Untersuchungshäftling, Adolf Winter, mit dem Androsch aus der Zeit seiner Obmannschaft im Verband Sozialistischer Studenten (1962) gut bekannt ist; Adolf Winter und „ökodata"-Miteigner Armin Rum-pold sind gleichfalls eng befreundet. Diese Freundschaft geht auf das Studium des Faches „Nachrichtentechnik" an der Technischen Universität Wien zurück.

Das kommerzielle Ressort im AKPE-Vorstand übernimmt Gerhard Schwaiger, der gemeinsam mit Androsch 1956 an einem Floridsdorfer Gymnasium (in der Shuttleworthstraße) maturiert hat. Schwaiger war auch Aufsichtsrat in der „Odelga" Wilflings.

Das Rechnungswesen der AKPE wurde außer Haus, in die Räume der „Consultatio" verlagert. Sepp Zacek, ehemaliger „Consultatio"-Mitarbeiter organisierte das AKPE-Rechnungswe-sen und der „Consultatio"-Einzelpro-kurist Günter Kozlik erledigte die Computerauswertungen der AKPE-Buchhaltung. Wollte Kozlik nicht unter die Konkurrenzklausel fallen, so mußte auch er für diese freiberufliche Tätigkeit die ausdrückliche Zustimmung seines „Consultatio"-Chefs Androsch einholen.

Im Kontrollamtsbericht der Stadt Wien wird von laufenden geschäftlichen Besprechungen zwischen „Consultatio" bzw. „ökodata"-Bauer, Ex-„Consultatio"-Mitarbeiter und „öko-data"-Miteigner Armin Rumpold, „Consultatio"-Kunden Wilfling und AKPE-Direktor Adolf Winter berichtet.

Am Ende dieser Gespräche stand ein Vertrag zwischen der AKPE und der Firmengruppe Arbeitsgemeinschaft Betriebsorganisation (ABO) über rund 370 Millionen Schilling. Vom ersten 122-Millionen-Teil dieses Großauftrages sahnte die „ökodata" des „Consul-

tatio"-Geschäftsführers Bauer gleich 60 Millionen Schilling ab.

Die totale Ubersicht über alle buchhalterischen Vorgänge rund um den AKH-Bereich erhält die „Consultatio" auch noch durch die Übernahme der Wirtschaftsprüfung der ABO, nachdem sie schon seit vielen Jahren für die Wirtschaftsprüfung der ABO-Vertragspartner „ökodata" (Franz Bauer, Armin Rumpold) und „Odelga" (Siegfried Wilfling) verantwortlich zeichnet.

Damit war es der „Consultatio" möglich, jeden einzelnen, auch den geringsten buchhalterischen Vorgang in diesem Millionen-Geschäft zu koordinieren.

„Consultatio"-Leute hatten und haben die Leitung des AKPE-Rechnungs-wesens inne und sie sind die Wirtschaftsprüfer der wichtigsten AKPE-Geschäfts- und Vertragspartner, etwa der ABO, der „ökodata" und der „Odelga".

Demnach besaß die Androsch-„Consultatio" in diesem Geschäft mit dem Wiener Allgemeinen Krankenhaus genau so wie im Geschäft mit dem „Bundesinstitut für Gesundheitswesen" der unglücklichen Ministerin Ingrid Leodolter die totale Ein- und Ubersicht.

Interessant an diesen Beziehungen sollte auch die Tatsache sein, daß sich die „ökodata" des „Consultatio"-Ge-schäftsführers mit nur maximal 25 Beschäftigten einen so großen Auftrag (60 Millionen Schilling in nur 30 Monaten) zu erfüllen zumuten konnte. Allein dieses Geschäft (und die „ökodata" betrieb ja angeblich noch andere Geschäfte) würde dann bei der „ökodata" einen Jahresumsatz von 24 Millionen Schilling ausgemacht haben. Auf jeden „ökodata"-Mitarbeiter wäre dann ein Jahresumsatz von rund einer Million Schilling entfallen.

Das freilich ist eine problematische Relation, bedenkt man, daß Androschs „Consultatio" mit zumindest 60 Mitarbeitern nur einen Jahresumsatz von rund 20 Millionen Schilling zu machen behauptet.

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