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AKH-Auf passer sind jetzt aufgeschreckt

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Angesichts der undurchsichtigen und skandalösen Vorgänge rund um den Neubaudes Wiener Allgemeinen Krankenhauses (AKH) macht wieder ein altes Manager-Scherzwort von den sechs Phasen der Planung die Runde, die da seien: Begeisterung, Ernüchterung, Panik, Suche der Schuldigen, Bestrafung der Unschuldigen, Auszeichnung der Nichtbeteiligten. Beim A KHgeht jetzt die dritte Phase in die vierte über. A lle versichern, sich um A ufklärung zu bemühen, allen voran der A ufsichtsrat der A KH-Errichtungsgesellschaft: Die Aufpasser sind jetzt aufgeschreckt.

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Angesichts der undurchsichtigen und skandalösen Vorgänge rund um den Neubaudes Wiener Allgemeinen Krankenhauses (AKH) macht wieder ein altes Manager-Scherzwort von den sechs Phasen der Planung die Runde, die da seien: Begeisterung, Ernüchterung, Panik, Suche der Schuldigen, Bestrafung der Unschuldigen, Auszeichnung der Nichtbeteiligten. Beim A KHgeht jetzt die dritte Phase in die vierte über. A lle versichern, sich um A ufklärung zu bemühen, allen voran der A ufsichtsrat der A KH-Errichtungsgesellschaft: Die Aufpasser sind jetzt aufgeschreckt.

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Aufsichtsrat: das klingt bedeutungsvoll nach Würde und Bürde, die mit klingender Münze abgegolten wird. Viel mehr weiß aber der Durchschnittsbürger über die honorige Aufpasser-Gilde nicht Bescheid.

Im konkreten Fall des Aufsichtsrates der Allgemeines-Krankenhaus-Wien-Planungs- und Errichtungs-AG (AKPE) vermutete die Wiener ÖVP-Stadträtin Gertrude Kubiena wenig Bedeutungsvolles: „Ist der Aufsichtsrat nur zum Krenreiben gut?” Ähnlich abfällig äußerte sich vor einem halben Jahrhundert bereits der deutsche Bankier Carl Fürstenberg der meinte, ein Aufsichtsrat sei in guten Zeiten nutz-und in schlechten hilflos.

Verschwommen, aber doch erkennbar umreißt das Aktiengesetz 1965 Rechte und Pflichten der Aufsichtsräte: Sie haben nicht nur die Geschäftsführung durch'den Vorstand zu überwachen, sondern sie können auch „jederzeit einen Bericht über die Angelegenheiten der Gesellschaft (vom Vorstand) ... verlangen”.

Und noch etwas kann der Aufsichtsrat, wenn er nur will: „die Bücher und Schriften der Gesellschaft... einsehen und prüfen”.

I Ebenso wie Vorstandsmitglieder haben auch Aufsichtsräte „die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmannes anzuwenden”; Wenn sie ihre „Obliegenheiten verletzen, sind sie der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet”.

So gesehen, weist das Gesetz den Aufsichtsräten die Rolle von Kontrolloren und Aufpassern gegenüber der Geschäftsführung (dem Vorstand) zu. Viele glauben freilich, dem Gesetz damit schon Genüge zu tun, wenn sie an Aufsichtsratssitzungen teilnehmen.

Dies ist ein Irrtum - ein Irrtum, der bereits Peter Krauland im Zusammenhang mit der Affäre um die Allgemeine Wirtschaftsbank (AWB)zum Verhängnis geworden ist: Der Oberste Gerichtshof begnügte sich nicht mit der lapidaren Verantwortung, ein Aufsichtsrat dürfe sich auf die Kontrolle anderer Prüfer verlassen. Von Aufsichtsräten wird vom Obersten Gerichtshof mehr verlangt:

• „Die Hauptaufgabe der Aufsichtsratsmitglieder ist es, ihre Uberwa-chungspflicht gegenüber der Geschäftsführung des Vorstandes auszuüben, die sich auf die Rechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit zu erstrecken hat.”

• „Sie richtet sich gegen Mängel der Geschäftsführung; vor allem durch die Verletzung dieser Kontrollpflicht können sich die Mitglieder des Aufsichtsrates ersatzpflichtig machen.”

• „Sie haften für den Mangel jener Sorgfalt, die man von einem ordentlichen Aufsichtsratsmitglied .. . verlangen kann, d. h. von einem Menschen, der in geschäftlichen und finanziellen Dingen ein größeres Maß an Erfahrung und Wissen besitzt als ein durchschnittlicher Kaufmann ...”

Nur eines verbietet das Gesetz dem Aufsichtsrat ausdrücklich: er darf auf keinen Fall in die eigenverantwortliche

Geschäftsführung des Vorstandes durch Weisungen eingreifen.

Just darum geht es aber auch in der gegenwärtigen Diskussion: AKPE-Di-rektor Adolf Winter, der ,in einer Nachtsitzung des Aufsichtsrates in der Vorwoche abberufen wurde, soll in einem Gespräch mit einem „profil”-Redakteur, von dem das Nachrichtenmagazin ein Tonband besitzt, nicht nur von Millionenschmiergeldern im Zusammenhang mit einem AKH-Auftrag gesprochen haben, sondern auch davon, daß vom Vorsitzenden des AKPE-Auf-sichtsrates, Sektionschef Walter Waiz, bei der Vergabe eines Planungsauftrages an eine „Arbeitsgemeinschaft Betriebsorganisation” (ABO) auf den Vorstand Druck ausgeübt worden sei.

Winter dementiert nunmehr diese Äußerungen. Zuvor hatte er ebenso energisch bestritten, je dieses Gespräch geführt zu haben.

Und Walter Waiz beteuert ebenfalls - unterstützt von Aufsichtsratskollegen und den beiden anderen AKPE-Vor-ständen Gerhard Schwaiger und Josef Parzer - nie derartigen Druck ausgeübt zu haben.

Nach dem Wiener Kontrollamt und dem Rechnungshof durchforsten jetzt auch Steuerfahndung, Wirtschaftspolizei und Staatsanwaltschaft den AKH-Dschungel. Zudem wird auch noch ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß sich abmühen, Licht ins Dunkel der Vorwürfe zu bringen.

Die bisher umfassendste Anzeige bei der Staatsanwaltschaft in diesem Zusammenhang wurde vom Wiener ÖVP-Klubobmann Fritz Hahn erstattet: wegen des dringenden Verdachtes des Verbrechens der Untreue. Neben den AKH-Vorständen Winter, Schwaiger und Parzer werden in der Anzeige auch Waiz und sein Stellvertreter Heinrich Horny, Obersenatsrat der Gemeinde Wien und Bürgermeister von Mödling, verdächtigt, ebenso vier Personen im Dunstkreis der Arbeitsgemeinschaft Betriebsorganisation, die, laut Wiener Kontrollamt, den AKH-Planungsauf-trag zugesprochen erhielt, obwohl sie „zu teuer” war.

Seit Tagen müht sich Waiz, Chef der Budgetsektion im Finanzministerium, einen Beitrag zur Aufklärung der dunklen Vorgänge zu leisten.

Zu spät, wie viele meinen. Von einem Vorsitzenden des Aufsichtsrates hätte man erwarten dürfen, daß er den drei AKH-Vorstandsdirektoren genauer und laufend auf die Finger schaut und nicht erst dann als Oberkontrollor tätig wird, wenn Zeitungen Mißstände aufzeigen.

„Den Ausdruck Oberkontrollor”, kontert Waiz, „muß ich zurückweisen”. Er fühle sich nur für das verantwortlich, wofür er nach dem Aktiengesetz verpflichtet ist.

Das wäre, könnte man einwenden, auch schon mehr als genug. Aber hätte dabei nicht so manche Unkorrcktheit schon lange aufgedeckt werden können?

Man muß Waiz zubilligen, daß er mit seiner Beamtentätigkeit schon mehr als genug Arbeit hat. Muß ihn da nicht der Aufsichtsratsvorsitz in der AKPE überfordern? Damit nicht genug, ist er auch noch Staatskommissär für die Girozentrale, Aufsichtsratsvorsitzender sowohl bei der Ersten Wiener Hotel-AG wie auch bei der Aktiengesellschaft zur Errichtung der Wiener UNO-City und Aufsichtsrat bei der Austria Wochenschau Ges. m. b. H.

Horny müßte neben seiner AKPE-Kontrolle nicht nur seine Beamtentätigkeit im Wiener Rathaus, sondern auch seine Funktion als Mödlinger Bürgermeister, als Obmann des Kreditvereins der Zentralsparkasse (Wien für Mödling und Umgebung) und einen Aufsichtsratsposten bei der Wiener UNO-City unter einen Hut bringen.

Er hat es immer noch einfach im Vergleich zu Walter Schneider, einem Waiz-Kollegen: Schneider leitet nicht nur eine Abteilung im Finanzministerium und sitzt im AKPE-Aufsichtsrat, vielmehr sollte er als Vorsitzender in vier, als stellvertretender Vorsitzender in weiteren drei und als normaler Aufsichtsrat in zusätzlichen zehn Aufsichtsräten aufpassen.

Aufsichtsräte sind etwas Bedeutsames: offensichtlich zum Sammeln, weniger zum Kontrollieren.

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