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Die Wahl des Aufsichtsrates

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Dabei ist zu bedenken, daß die Auswahl der Aufsichtsratmitglieder bei den verstaatlichten Betrieben besonders schwierig ist, weil sie nicht aus einer echten Generalversammlung hervorgehen. Als solche wirkt der Ressortminister, er allein vertritt die Republik; sie allein ist Eigentümer. Ein kontradiktorisches Verfahren zwischen den Mitgliedern der Generalversammlung ist daher ausgeschlossen; auch zwischen den Regierungsparteien erfolgt eine Beratung über die Berufung der Personen, die einen Aufsichtsrat bilden sollen, nicht. Gewohnheitsmäßig redet man sich gegenseitig nichts drein. Jüngst erfolgte sogar eine Berufung in den Vorstand eines der größten verstaatlichten Unternehmen durch die eine der beiden Regierungsparteien, und die andere samt dem Aufsichtsrat, der dje formelle Wahl vorzunehmen hatte, erfuhr Namen und Stand der betreffenden Persönlichkeit aus der Zeitung. Laut Aktiengesetz aber trägt einen erheblichen Teil der Verantwortung für diese Betriebe sowohl strafrechtlich wie zivilrechtlich der so nebenbei fungierende Aufsichtsrat.

Die privatrechtliche Gestaltung unserer verstaatlichten Betriebe in Ehren; aber solange sie in solcher Weise gehandhabt wird, ist sie unbefriedigend. In Zeiten der Konjunktur wird kaum Ursache sein zur Besorgnis; wie aber, wenn diese einmal abflaut und echte Probleme an die Organe der Kontrolle herantreten?

Wirtschaftsprüfer

Das zweite Kontrollverfahren, dem unsere verstaatlichten Betriebe unterworfen werden, ist die Untersuchung durch den Wirtschaftsprüfer. Sie ist die eingehendste und verläßlichste. Die Unternehmungsleitung selbst hat ein Interesse daran, daß seine Prüfung vollständig, objektiv und ohne Unterstellung und Verschweigung - sine obreptione et subretione lautet der kanonische Ausdruck — zustande gekommen ist. Dem Ergebnis seiner meist monatelangen Arbeit kommt daher

Beziehungen der Prüfungsinstanzen zueinander.

® Der Prüfer hat sein Ergebnis so darzustellen, daß der vorgefundene Sachverhalt den Aufsichtsratmitgliedern ohne langes Studium rückhaltlos dargelegt wird. Jede Weitschweifigkeit, Wiederholung oder Anführung vom Selbstverständlichkeiten ist zu unterlassen.

• Der Rechnungshof bedient sich des Prüfungsberichtes in diiekter Konfrontation mit dem Vorstand und dem Wirtschaftsprüfer. Das Ergebnis ist in seinem vollen Umfang dem Aufsichtsrat vorzulegen. Dieser Vorgang erfolgt alljährlich, damit er aus dem Verständnis der Zeitumstände heraus geschieht und das Urteil zeitentsprechend gestaltet wird. Das Votum des Aufsichtsrates ist der Generalversammlung vorzulegen und dem Bericht an das Parlament anzuschHeßen.

• Der Nationalrat hat bei erheblichen Beanstandungen über den Einzelfall zu verhandeln und die Be schlußfassung darüber der schriftlichen Abstimmung zu unterwerfen. Ergibt sich ein schuldhaftes Verhalten von Personen in einem Vorstand oder Aufsichtsrat, hat der Nationalrat dem

Ressortminister aufzutragen, als Generalversammlung die Auswechslung der Aufsichtsratsmitglieder beziehungsweise durch den Aufsichtsrat die Veränderungen im Vorstand herbeizuführen.

Diese Vorschläge mögen radikal erscheinen. Sie sind es nicht. Sie werden durch das bloße Vorhandensein der gegebenen Möglichkeit reinigend und vorbeugend wirken. Der Dunstkreis der verheimlichten, getarnten oder auch bloß aufgebrachten Korruption, der heute seit den Fällen Richter- Brohm, Hitzinger, Hueber auf der Verwaltung unserer größten Industrieunternehmungen liegt, muß verschwinden. Die öffentliche Meinung beliebt zu generalisieren. Weder unsere redlich schaffenden Führungsorgane, noch die Belegschaften der verstaatlichten Industrie haben es verdient, in falschem Lichte zu erscheinen. Ihr Wirken ist rühmenswert; ihr Ruf darf durch Irrungen und Verfehlungen in vereinzelten Vorkommen nicht gefährdet werden. Österreichs Demokratie ist befähigt, den Staat zu verwalten, es mangelt ihr auch nicht, die staatlichen Unternehmungen einer einwandfreien Verwaltung zu unterziehen.

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