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Wer prüft die verstaatlichte Industrie?

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Der Sachunkundige, dem man mitteilt, daß das Staatsvermögen, das in den zahlreichen Unternehmungen steckt, die durch die Verstaatlichungsgesetze 1946 und 1947 in das Eigentum der Republik übergeleitet wurden, dreimal überwacht wird, wird beruhigt sein und vielleicht über soviel Fürsicht und Vorsicht lächeln. Wer selbst im Bereich dieser Kontrollen arbeitet, lächelt über die Vertrauensseligkeit der Republik. Es sei einmal ganz offen herausgesagt: das heutige Kontrollsystem in der verstaatlichten Wirtschaft ist unzweckmäßig, unzureichend, fast wertlos. Dieses Urteil klingt hart und anmaßend. Dennoch entspricht es den Tatsachen und wird nicht aus Kritiksucht und Nörgelei, sondern aus ehrlicher Besorgnis vorgetragen. Anlaß dazu wurde genug geboten. Immer wieder wiederholen sich die Fälle, daß einer Unternehmungsleitung heftige Vorwürfe gemacht werden; die Öffentlichkeit wird in größte Unruhe versetzt, und zum Schluß verläuft die Sache bestenfalls im Sand. Bis ins Parlament drang schön die Kritik und plötzlich wurde sie abgeblasen. Das kann nicht in Ordnung sein.

Aufsichtsrat

Das erste Kontrollorgan ist, da unsere verstaatlichten Betriebe in die Form von Aktiengesellschaften oder beschränkter Hf- sind, deAMWcWÄT- EJjesteJiV .ersönlhfeiJrjs Wistschajftiiebüns».die nawadfi»! Kojn- petenzgesetz proporzmäßig auszuwäh-

len sind. Damit ist Sicherheit geboten, daß fachkundige Kräfte zum Zuge kommen, aber auch daß keine einseitige Parteiwirtschaft einreißen kann. — Mag sein, daß der Aufsichtsrat in Gesellschaften, die einer gewissen Anzahl von Aktionären gehören, eine echte und ersprießliche Kontrolltätigkeit ausüben kann. Ganz verläßlich scheint mir dies auch in diesen Fällen nicht zu sein. Unser Aktiengesetz, ein Rückstand der nationalsozialistischen Gesetzgebung, deren autoritärer Geist noch unverkennbar ist, beläßt sehr viel Recht dem Vorstand — in der heutigen Sprache Management genannt —; nur einen bescheidenen Teil dem Aufsichtsrat.

Praktisch gesehen kann er sich nur auf das stützen, was er aus der Bilanz herauszulesen vermag, was ihm der Vorstand in seinen Berichten zu sagen beliebt und auf Wahrnehmungen, die er mehr oder minder zufällig macht. — Dies Kontrolltätigkeit zu nennen, ist wohl eine übertriebene Höflichkeit. In Betrieben, die dem Staat gehören, ist sie zweifelsohne unzulänglich. Hier wird fremdes, öffentliches Gut verwaltet, Vermögen, das, leidet es Schaden, am Wohlstand aller zehrt. Steuermittel sind es, die herangezogen werden müssen, falls Zuschüsse erforderlich werden. Es bedarf daher nicht nur einer .besonderen, Sorgfalt, hei der YerwaU tungobduwtJt, denr’-jVorstand;-sonder# auch einer erhöhten Verantwortlichkeit bei der Kontrolle durch die Mitglieder des Aufsichtsrates.

größte Bedeutung zu. Der Prüfungsbericht ist auch für den Ressortminister wie für den Aufsichtsrat eine der wichtigsten Quellen für die Be urteilung der Betriebe. Allerdings ist er nur ein „statischer” Bericht. Der Wirtschaftsprüfer hat nur Feststellungen zu treffen, die kaufmännische Gebarung zu kritisieren ist nicht seines Amtes. Dazu ist er auch nicht geeignet. Er bedarf des Vertrauens des Unternehmens — und seine Tätigkeit ist ein Geschäft. Seine Auswahl hängt von der Unternehmensleitung, dem Ressort und dem Rechnungshof ab. Nur nicht vom Aufsichtsrat, dem er in erster Linie Hilfsorgan sein sollte. Dazu kommt, daß sein meist ungemein ausgedehnter Bericht die Mitglieder des Aufsichtsrates eher an den Dingen vorbeiführt, als an sie heran. Sein Umfang allein macht sein Studium schwer und oft unfruchtbar. Nur allzuleicht werden sie daher verleitet, im Vertrauen auf den glänzenden Namen des Prüfers dem „uneingeschränkten Prüfungsvermerk” die ebenso uneingeschränkte Reverenz zu erweisen und sich mit seiner kritiklosen Lektüre zu begnügen. Auf diesen „Grundlagen” wird sodann die Feststellung der Bilanz aufgebaut und der Bericht an die Generalversammlung erstattet, womit das Wirtschaftsjahr seinen Abschluß gefunden hat, sobald dem Vorstand und dem Aufsichtsrat von dieser die Entlastung erteilt worden ist. Sieht man näher zu, so findet man, daß diethstber Dingen schwebt , denn „bestehen oder beruhe”‘¡känttusiedaufil’ ihnen nicht,- da -ihr Verhältnis zu diesen- ein mehr oder minder hypothetisches ist. Hypothesen sind die Richtigkeit und Vollständigkeit der Vorstandsberichte, Hypothese ist die Lektüre der Prüfungsberichte und Hypothese ist folgerichtig auch der Bericht des Aufsichtsrates an die Hauptversammlung.

Schon hier sind Verbesserungen dringend erforderlich. Eine Abänderung des Aktienrechtes zur Verdichtung der Beziehungen zwischen Vorstand und Aufsichtsrat, soll dieser nicht eine Formalinstanz bleiben, ist unabwendbar. Sein Einfluß auf die Geschäftsführung muß eingehender, seine Mitwirkung unmittelbarer und seine Kontrolltätigkeit vertiefter werden, ansonst ist seine Mitverantwortung unbegründet und unhaltbar. Vor allem ist die Auswahl des Prüfers ihm zuzuweisen und der Einflußnahme ande-

Rechnungshof

Das dritte Organ der Überwachung ist der Rechnungshof. Sein Ansehen in der österreichischen Öffentlichkeit ist das denkbar größte und beste. Anerkennung durch ihn hat das schwerste Gewicht; sein Tadel wirkt empfindlich. Er ist Organ des Parlamentes; nur ihm verantwortlich, von der Regierung unabhängig spricht er zur Volksvertretung, dem Nationalrat als Vertreter des Souveräns, des Volkes.

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