6813227-1972_46_04.jpg
Digital In Arbeit

Vor die Nase

Werbung
Werbung
Werbung

Während die Sozialistische Partei und die österreichische Volkspartei den Kampf um die Vorstandsposten im neuen fusionierten österreichischen Stahlgiganten aufgenommen haben, gab es bei der österreichischen Luftverkehrs AG „Austrian Airlines“, für die Öffentlichkeit fast unbemerkt, Umbesetzungen im Aufsichtsrat.

Die beiden großen Parteien können in nur zwei großen Aktiengesellschaften echte Proporzentsendungen vornehmen: In der österreichischen Industrie Verwaltungs AG, ÖIAG, der Dachgesellschaft für die verstaatlichten Betriebe und bei der friendly Airline „AUA“. Seit ihrer Gründung gibt es bei der AUA zwei gleichberechtigte Vorstandsmitglieder, ein

Direktor wird von der ÖVP, einer von der SPÖ nominiert. Dies hat sich in den letzten Jahren nicht immer als gut erwiesen, dennoch ist es beibehalten worden. Der augenblickliche Vorstand, Dr. Heschgl von der SPÖ nominiert und technischer Direktor, sowie Dr. Papousek von der ÖVP nominiert und für den kaufmännischen Bereich verantwortlich, ist wohl der erste Vorstand der heimischen Fluggesellschaft, der eine echte Kooperationsbasis gefunden hat. Als die beiden 1968 die Leitung der Gesellschaft übernahmen, war die AUA ein stark defizitärer Betrieb, der mit einem ausgesprochenen Typensalat von Flugzeugen einen nicht gerade als rationell zu bezeichnenden Flugbetrieb abwickelte.

Papousek und Heschgl haben es in relativ kurzer Zeit geschafft, die defizitäre AUA zu einem gewinnbringenden Unternehmen zu machen: Der Jahresabschluß 1970 brachte einen ersten Betriebsgewinn, wenn auch die Bilanz noch negativ abschloß, da hohe außerordentliche Abschreibungen vorgenommen werden mußten. Vor rund drei Wochen wurde dem Aufsichtsrat des Unternehmens auch der erste Bilanzgewinn der Gesellschaft vorgelegt: Das Jahr 1971 wurde mit einem Gewinn von 8,6 Millionen Schilling abgeschlossen. Der Flugzeugpark wurde inzwischen vereinheitlicht, es gibt nur noch den modernen Mittelstrecken-Jet DC-9. Auch im Linieneinsatz wie in der Verwaltung wurde streng rationalisiert. All das hat Erfolge gebracht, Erfolge, die aber nicht ohne Neid anerkannt werden. Denn nur so ist zu erklären, daß die ÖVP im Rahmen der Umbesetzung des Aufsichtsrates mit Dr. Konschegg genau den Mann in den Aufsichtsrat entsendet, der unmittelbarer Vorgänger des augenblicklichen Vorstandes war, und auf Wunsch des damaligen ÖVP-Finanz-ministers Koren abberufen worden ist.

Auch sozialistische Veränderungen

Gegen den ÖAAB-Mann Papousek hatten sich in den letzten Jahren bereits mehrmals Stimmen in der ÖVP erhoben, vor allem weil man ihm nachsagte, er habe in Personalangelegenheiten eine „nicht immer glückliche Hand“ bewiesen. Aus dem Parteichinesisch übersetzt heißt das wohl, er habe offensichtlich ÖVP-Leute nicht bevorzugt. Auch scheint man Papousek vorzuwerfen, er komme zu gut mit seinem Kollegen von der linken Reichshälfte aus. Nachdem man Papousek schlecht abberufen konnte, glaubt man offensichtlich, ihm einen Aufpasser vor die Nase setzen zu müssen. Ob man in der Kärntnerstraße gut beraten war, den steirischen Landesfremdenverkehrsreferenten Gaisbacher durch Konschegg zu ersetzen, ist mehr als fraglich. Aber Personalpolitik ist noch nie eine Stärke der ÖVP gewesen. Übrigens gibt es auch auf der roten Bank im Aufsichtsrat Änderungen: Beppo Mauhart, Pressesekretär von Finanzminister Doktor Androsch, wird in den Aufsichtsrat einziehen. Damit hat auch der zweite Mann aus dem Stab des Finanzministers den Sprung in einen Aufsichtsrat geschafft, nachdem ein anderer Sekretär bereits Aufsichtsratsmitglied des österreichischen Creditin-stituts geworden war.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung