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Elektrowerk als „Okkasion”

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Der Fatalismus, den die Bundesregierung durch ihre Verstaat- lichten-PoIitik bei Dr. Eduard März, dem volkswirtschaftlichen Referenten der regierungsloyalen Arbeiterkammer erzeugt, „erweckt”, so März, „ein Gefühl der Sorge und der Bitterkeit, denn er ist geeignet, jenen Zustand riiit absoluter Sicherheit herbeizuführen, den jeder um das Wohl unserer Volkswirtschaft besorgte Österreicher beklagen müßte: die vollständige Auslieferung einer Schlüsselindustrie an das Ausland”.

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Der Fatalismus, den die Bundesregierung durch ihre Verstaat- lichten-PoIitik bei Dr. Eduard März, dem volkswirtschaftlichen Referenten der regierungsloyalen Arbeiterkammer erzeugt, „erweckt”, so März, „ein Gefühl der Sorge und der Bitterkeit, denn er ist geeignet, jenen Zustand riiit absoluter Sicherheit herbeizuführen, den jeder um das Wohl unserer Volkswirtschaft besorgte Österreicher beklagen müßte: die vollständige Auslieferung einer Schlüsselindustrie an das Ausland”.

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Was den Mitautor des sozialistischen Wirtschaftsprogrammes mit so großer Sorge erfüllt, ist das realistische Gerücht, „daß die beherrschende Beteiligung von rund 60 Prozent an der Elektro-Bau AG Linz an einen ausländischen Konzern verkauft werden soll”. Bekanntlich würde das nicht weniger bedeuten, als einen der schärfsten Konkurrenten auf dem Weltmarkt in dessen eigenem Land ausstechen: nämlich die dem österreichischen Staat gehörende Elin (siehe „Furche” Nr. 10, 1971).

Diese in erster Linie von Bundeskanzler Kreisky betriebene Verkaufsabsicht ließ in den verstaatlichten Betrieben die sozialistischen Betriebsratsfraktionen so stark rumoren, daß sich der Bundeskanzler zur Tarnung der Geschäfte sein politisches Geschick in der verstaatlichten Industrie durch bestellte Betriebsratsdankadressen in der Sozialistischen Korrespondenz bestätigen ließ.

Indes: Ausgerechnet jene Gruppe in der SPÖ, die den Bundeskanzler durch ebenso profilierte wie pragmatische Formulierungen im Wirtschaftsprogramm an die Regierungsspitze hievten, kritisieren heute seine „außerökönomisch-motivierte” Ausverkaufspolitik. März, etwa, Unverblümt; Der schwedische Konzern ASEA „hat in seinem Heimatland eine konsequente Politik der Konzentration betrieben und würde mit dem Erwerb der Elektro-Bau AG, die der Republik Österreich gehört, eine wichtige Position im österreichischen Starkstromsektor gewinnen. Die Manövrierfähigkeit der Elin AG würde durch diesen Umstand noch weiter eingeengt werden”.

„Erstaunlich geringer Kaufpreis”

Eduard März ist kein Einsamer in der Wüste. In sozialistischen Parteikreisen hört man, daß die der Öffentlichkeit äußerst unglücklich anmutende Politik von Staatssekretär Dr. Ernst Veselsky nicht zuletzt eine Folge der ihm von Kreisky nahegelegten „widernatürlichen” Verstaatlichtenpolitik sei. Man hört in diesem Zusammenhang ferner.

daß etwa Veselskys peinlicher VÖESt.-Auftritt beim Besuch des schwedischen Ministerpräsidenten Palme „das völlig natürliche Ergebnis eines Streßzustandes ist, in den Kreisky seine Mitarbeiter versetzt” (So ein Beamter des Bundeskanzleramtes). Bekanntlich machte Veselsky am 16. April vor versammeltem VÖESt.-Publikum wörtlich folgende skurrile Bemerkung: „Ich darf mit der Begrüßung meine Bestürzung darüber verbinden, daß es in diesem Kreis irgendwie passiert ist, daß die VÖESt. nur dann als größtes Unternehmen angesehen werden braucht, wenn wir nur den Umsatz, die Produktion an-

sehen. Wenn andere Kriterien maßgeblich sind, dann gibt es noch etwas Größeres in Österreich.”

Einst ein ökonomischer Held unter Kreiskys profilierten Jungtürken, heute bereits jenseits dės individuellen „psychological breaking point”. Anders herum: ein von den wirtschaftspolitischen Richtlinien Kreiskys denaturierter „Ressortchef” der Verstaatlichten Industrie.

Wie sehr der Kredit Kreiskys durch seine Verstaatlichtenpolitik in der SPÖ gelitten hat, mag man daran ermessen, daß etwa Eduard März in der „Arbeit und Wirtschaft”, herausgegeben vom österreichischen Arbeiterkammertag und dem österreichischen Gewerkschaftsbund, zur offenen Feldschlacht gegen Kreisky auf rufen darf. Vornehm formuliert, klingt das dann etwa so: „Die Elektro-Bau AG, ein verhältnismäßig kleines Unternehmen, erfreut sich eines ausgezeichneten Rufes, womit der Beweis erbracht ist, daß Werke dieser Größenordnung im Starkstromsektor durchaus lebensfähig sind. Es besteht kein zwingender

Grund, auch dieses Elektrounterneh- men — noch dazu für einen erstaunlich geringen Kaufpreis — an das Ausland abzustoßen. Die Interessen Österreichs wären weit besser gewahrt, würde man den vieldiskutierten Alternativplan realisieren — den Verkauf dieses Unternehmens an die ÖIAG.”

Eduard März, und hinter ihm stehen in dieser Frage Arbeiterkammer und Gewerkschaftsbund, fordert die Regierung auf, „ihre ganze politische und moralische Autorität in die

Waagschale zu werfen, um unsere verstaatlichte Industrie… vor dem Schicksal… der schleichenden Überfremdung zu bewahren”.

Wie es in diesem Zusammenhang heißt, langten bei Kreisky bereits mehrere Bitt- und Protesttelegramme ein, in denen er gebeten wird, den Schweden seine Sympathie anders abzustatten, als mit „Okka- sionsverkäufen” von Staatsbetrieben Österreichs…

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