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Zweierlei Maß
Die gerade noch mit der Sorge der Politikerbesteuerunig befaßte Öffentlichkeit, auch als Neldgomeinschaft bekannt, wurde unlängst von einem sonderbaren Zwischenfall abgelenkt. Der dem Bundeskanzler zu Wirtschaftsfragen beigegebene Staatssekretär Veselský plauderte mit einem Fernsehreporter über das Dilemma der Entlohnung des prä- sumptiven Generaldirektor der ÖIAG, Dipl.-Ing. Franz Geist, der derzeit Vorstandsmitglied bei Rheinmetall In der Bundesrepublik Deutschland ist und angeblich, wenigstens laut Pressemeldungen, die runde Summe von 150.000 Schilling Monatsgage für seine neue Tätigkeit bei der ÖIAG verlangt. In der deutschen Bundesrepublik seien Managerbezüge ähnlicher Größenordnung gang und gäbe.
Der Staatssekretär reagierte vorsichtig. Er könne sich nicht vorstellen, das war der Sinn seiner Ausführungen, daß der Österreicher Geist nicht zu einem Verzicht bereit wäre, wenn er in seiner Heimat eine solche Aufgabe übernehme. Demnach werde das Gehalt des neuen nicht oder kaum wesentlich den des alten Generaldirektors überschreiten. Der Vorgänger erhielt bekanntlich rund 80.000 Schilling monatlich.
Das Thema verdient, auch wenn man dabei nicht zur besagten Neidgemeinschaft zugezählt werden will, eine kurze Überlegung. Ein Manager, den die Regierung Kreisky für eine undankbare Aufgabe ausersieht — daher wohl auch die Wahl aus dem nicht parteinahen Bereich — wird sanft behandelt. Man wird keinen Richter brauchen. Anders beim Feind. Man erinnere sich an die erbitterten Glossen der „AZ“ zu den Gehältern eines Bacher oder auch des Präsidenten der österreichischen Nationalbank, wo doch die Summen,
die damals genannt wurden, wesentlich geringer waren.
Viel ärmer sind da die Politiker dran. Ihre Saläre sind, im Vergleich zu der eines ÖIAG-Chefs, geradezu „bescheiden“. Und trotzdem will man ihnen auch das sogar versteuern. Und im Rampenlicht stehen und Verantwortung tragen müssen sie auch. Man ist versucht zu sagen: Wirtschaft geht vor, die Politik scheint halb so wichtig zu sein (solange die Wirtschaft floriert).
Übrigens: Es handelt sich dabei um das Management einer verstaatlichten Wirtschaft. Eine große Errungenschaft, für die viele Sozialisten hart gekämpft haben. Heute ist es soweit. Und man zeige uns den privaten Unternehmer aus den übriggebliebenen Restbeständen einer, pfui, kapitalistischen Ära, der hier noch, zumindest was- den privaten Reinverdienst betrifft, so leicht mitkommt. Zumal wenn man noch in Rechnung stellt, daß der strittige Differenzbetrag im vorliegenden Fall bestimmt durch Aufsichtsratstantiemen und sonstige Zuwendungen mehr als wettgemacht werden dürfte. Aber daran hat der Staatssekretär wohl nicht gedacht
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