6843782-1976_07_04.jpg
Digital In Arbeit

ÖIAG-Träume

Werbung
Werbung
Werbung

Seit Jahresbeginn liegt die Dachgesellschaft der Verstaatlichten, die ÖIAG, im Schußfeld politischer Auseinandersetzungen. Den Anfang machte der neubestellte Präsident des Österreichischen Arbeiterkammertages, Adolf Czettel, als er engere Bindungen zwischen der ÖIAG und den Konzernbetrieben der halbverstaatlichten Großbanken Credit-anstalt-Bankverein und österreichische Länderbank forderte. Diese „Strukturbereinigung“ soll, so Czettel, größere Kapazitäten schaffen und allfällige Mehrgleisigkeiten innerhalb der heimischen Staatsfirmen verhindern. Finanzminister Androsch mißfiel diese Idee, doch Bundeskanzler Kreisky fand Gefallen an ihr. Der ÖIAG-Gene-raldirektor, sonst eher selten auf Kreisky-Kurs, zählt zu den eifrigsten Befürwortern der Idee, alle Mitglieder der ÖIAG-Familie in eine große Gesellschaft zusammenzufassen und sie unter einer Spitze als sogenannte „Divisionen“ zu führen. Natürlich sollten einige Konzernbetriebe der Großbanken, so Franz Geist, in diesen Mammut-Konzern eingebracht werden. Gegen diese Vorstellung sind die Generaldirektoren der beiden Linzer Großunternehmen VÖEST-Alpine (Koller) und Chemie-Linz (Buchner). Beide bekennen, hinreichend viele Probleme mit ihren eigenen Unternehmen zu haben und deshalb an einer künstlichen Vergrößerung desinteressiert zu sein.

Sieher ist, daß dieses Thema die Verstaatlichten-Politik der Bundes-

regierung in der laufenden Legislaturperiode bestimmen wird. Bundeskanzler Kreisky hat sein Herz an eine weitere Zusammenfassung der Staatsbetriebe verloren, auch deshalb, weil er hofft, in seiner Verstaatlichten-Politik der Arbeiterkammer und dem Gewerkschaftsbund so weit entgegenzukommen, daß beide Einrichtungen in anderen Fragen größere Zurückhaltung gegenüber der Bundesregierung üben werden.

Die Frage ist nur, wie der Bundeskanzler die Vorstellungen Czettels weiter verfolgen will. Eine Eigentumsübertragung einiger Konzernbetriebe der Großbanken ist für die SPÖ äußerst problematisch. Sie wäre politisch unpopulär, weil dann die Opposition und große Teile der Wählerschaft ihr Mißtrauen gegen den „eigentumsfeindlichen“ und „verstaatlichchungsfreudigen“ Sozialismus“ bestätigt fänden. Darüber hinaus aber scheint das Vorhaben einer Zusammenführung von ÖIAG und Konzembetrieben unfinanzier-bar. Ein großer Teil der Aktien fast aller Konzernbetriebe der Großbanken ist im privaten Eigentum, teils auf Kleinaktionäre, teils auf potente Industriegruppen auch im Ausland verstreut. Auch die Aktien der Großbanken gehören dem Staat nur zum Teil, der Rest wird an der Börse gehandelt. Wollte der Bund nun tatsächlich der Dachgesellschaft der Verstaatlichten das Eigentum an einigen Konzernunternehmungen übertragen, müßte er sehr tief in die Staatskasse greifen, Milliardenbe-

träge dafür freimachen. Wie aussichtslos ein solcher Griff wäre, zeigt schon die Tatsache, daß der Finanzminister derzeit nicht einmal die Erhöhung der Beamtengehälter finanzieren kann, ohne an die Einführung eines sogenannten „Beamten-Schillings“ zu denken.

Die Bundesregierung riskierte demnach für eine kaum finanzierbare Absicht politisch sehr viel, zu viel, wie man nun auch in der Umgebung des Bundeskanzlers zu erkennen beginnt. Wahrscheinlich wird sie in nächster Zeit bloß auf eine bessere Zusammenarbeit zwischen der ÖIAG, deren Töchtern und einigen Konzernbetrieben der Banken drängen, ohne zugleich Zusammenschlüsse zu forcieren.

Franz Geist, der sich schon als Generaldirektor einer Super-ÖIAG gesehen hat, dürfte auch in Zukunft, die bei ihm bis zum 31. März 1978 dauern könnte, an seinem Traum hängen. Eben hat er einen Auftrag vergeben um die „politischen Zusatzkosten“ im verstaatlichten Sektor zu erfahren. Diese „politischen Zusatzkosten“ setzen sich vor allem aus dem politischen Auftrag, die Arbeitsplätze unter allen Umständen zu halten, und aus den meist ungünstigen Ergebnissen der Paritätischen Kommission bei der Festsetzung der Preise für die vom verstaatlichten Sektor angebotenen Waren zusammen. Sind erst diese „politichen Zusatzkosten“ kalkuliert, will der Generaldirektor an die Regierung herantreten und diese zur Abdeckung dieser Kosten veranlassen.

Die Idee ist gut, nur ebenfalls schlecht durchführbar. So bleibt unerfindlich, wie die ÖIAG etwa die Verluste, die sich aus der Aufgabe des Südafrika-Projektes der VÖEST-Alpine nach massivem Einreden von Bundeskanzler Kreisky ergeben, bei der Bundesregierung eintreiben könnte. Will Geist mit Bundeskanzler oder Finanzminister in aller Öffentlichkeit streiten? Oder seine doch nur theoretische Forderung gar einklagen? Das alles hat Franz Geist,

der so viel und so gerne über den Einfluß der Politik auf die Geschäftsführung der ÖIAG klagt und dann doch alles macht, damit sein Vertrag verlängert wird, also unternehmenspolitisch dem Regierungskurs präzis folgt, nicht verraten. Wenn heute die ÖIAG im Schußfeld politischer Auseinandersetzungen liegt, ist das freilich zuletzt seine Schuld, weil er in diesem Stück doch nur eine untergeordnete Rolle spielt.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung