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Der Stoff, aus dem die Pleiten sind
Politiker, heißt es, leben vom kurzen Gedächtnis ihrer Wähler. Wie kurz dieses Wähler-Gedächtnis auch immer sein mag: es dürfte ausreichen, um sich noch an die Frohbotschaft von der geglückten Sanierung der verstaatlichten Industrie zu erinnern. War doch noch im Frühjahr dieses Jahres der eben retirierte Minister für Verkehr und öffentliche Wirtschaft, Rudolf Streicher, als Held der Sanierungarbeit in den Präsidentschaftswahlkampf gezogen. • Aber schon ein halbes Jahr später muß sein Nachfolger eingestehen, daß allein die Rettung des verstaatlichten Aluminium-Konzerns AMAG (dessen Generaldirektor Rudolf Streicher jahrelang war) rund zehn Milliarden Schilling kosten wird!
Wie rasend saniert müssen die „Austrian Industries" (AI) gewesen sein, daß sie das erste scharfe Krisenlüfterl derart an den Rande des Abgrundes drängt, und wenige Monate nach der angeblichen Sanierung nicht einmal mehr mit dem Verkauf des Flaggschiffes ÖMV die paktierte Rückzahlung der viereinhalb Subventionsmilliarden gewährleistet erscheint? Hat man im Hinblick auf die Präsidentschaftskampagne Streichers die Wähler belogen, oder hat man tatsächlich ein Desaster dieses Ausmaßes „übersehen"? Beides müßte eigentlich Konsequenzen haben.
Leider haben offensichtlich jene recht behalten, die den Jubelmeldungen nie trauten und das Zwischenhoch der AI ausschließlich der internationalen Hochkonjunktur zuschrieben (und deswegen prompt als Miesmacher abgekanzelt wurden).
Und ebenso offensichtlich dürfte dieses Zwischenhoch die notwendigen harten Sanierungsschritte zwecks radikaler Verbesserung der Kostenbilder verhindert haben. Im (falschen) Bewußtsein über dem Berg zu sein, schaltete man dann auch noch zu früh und zu ehrgeizig auf Expansion. Und das ist bekanntlich nicht nur in der Verstaatlichten der Stoff, aus dem die Pleiten sind.
Herzig sind die Beteuerungen, daß die neuerliche Krise der Verstaatlichten die Steuerzahler keinen Groschen kosten, und daß kein Unternehmen des AI-Konzerns in Konkurs gehen werde. Wem gehören denn die Unternehmen, die jetzt zur Abdeckung der Milliardenverluste verkauft werden müssen? Den Herren Sekyra, Cap und Klima, oder uns Österreichern?
Und auch der „Verzicht" auf einen Konkurs ist wohl eher von Notwehr denn Finanzmoral getragen: Für viele der aushaftenden Kredite der verstaatlichten Unternehmen hat die Republik Österreich gegenüber den Banken ohnehin die Ausfallshaftung übernehmen müssen...
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