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In der Einschätzung der Österreicher gilt ein Arbeitsplatz in der verstaatlichten Industrie als mit Abstand sicherer als in der privaten Industrie. Das wird sich vermutlich noch lange nicht ändern, auch wenn die nüchternen Zahlen längst das Gegenteil zeigen:

In der ersten Hälfte des laufenden Jahres sank die Zahl der Beschäftigten ungeachtet aller Feuerwehraktionen des Bundeskanzlers in der verstaatlichten Industrie doppelt so stark wie im Industriedurchschnitt (einschließlich Verstaatlichter!). Es handelt sich dabei ganz sicher um keine vorübergehende Schwächephase, eher ist anzunehmen, daß sich diese Entwicklung verstärken wird:

Von den acht in der OIAG zusammengeschlossenen direkt verstaatlichten Indu-strieuntemehrtien, die mit 113.000 Beschäftigten rund 90 Milliarden Schilling Umsatz machen, werden heuer nur drei positive Bilanzen vorlegen (und von diesen zwei nur dank der angesammelten Reserven). Allein die Verluste des VOEST-Konzems (also VOEST-Alpine plus VEW) steuern heuer auf die Horrormarke von fünf Milliarden Schilling zu.

Ohne Eigenkapitalzuführung seitens des Eigentümers Staat müßten zumindest die Edelstahlwerke jenen Weg gehen, der privaten Unternehmern, die nicht auf Steuermittel zurückgreifen können, nicht erspart bleibt: zur Konkursanmeldung.

Es wäre freilich polemisch zu leugnen, daß die Lage der Stahlindustrie ein internationales Problem ist und kaum auf betrieblicher Ebene allein zu lösen ist.

Nun kommt aber auch ein Unternehmen zunehmend in Schwierigkeiten, bei dem man nur sehr schwer eine vndrige internationale Ent-uiicklung als Entschuldigung wird anführen können: die ÖMV. Während weltweit die Regierungen darüber nachdenken, wie sie die Superge-winne der ölmultis abschöpfen können, denkt das ÖMV-Management mit Schaudern an die Zeit, in der die „windfall profits" (sinngemäß: Gewinne ohne eigenes Zutun) aus der eigenen ölförderung die Milliardenverluste im Raffineriebereich nicht mehr ausgleichen können.

Eingelullt von den durch jeden OPEC-Preisschock munter quellenden Millionen, leistet sich die ÖMV seit Jahren einen Beschäftigtenstand, der zwar ihrer Raffineriekapazität, seit dem Ol-schock aber nicht mehr der tatsächlichen Auslastung entspricht, sowie Gehälter und Sozialleistungen, von denen andere Indvstriebe-schäftigte nur träumen können. Allein die Renovierung des Ferienheims auf dem Semmering soll 60 Millionen Schilling gekostet haben.

Gleichzeitig unterblieben jenen Investitionen, die die Raffinerie den heutigen technischen Anforderungen (mehr Benzin, weniger Schweröl) angepaßt hätte: Die ÖMV wird dadurch vielleicht schon sehr bald den Beweis dafür erbringen, daß ein verstaatlichter Betrieb auch im ölgeschäft und ohne Reitstall rote Zahlen schreiben kann~

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