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Arbeitsplätze weg, Schulden bleiben

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Erinnern Sie sich noch an die vor knapp einem Jahr innerhalb der Regierung geführte Diskussion, ob die verstaatlichte Industrie 1993 die restlichen der im Koalitionspakt vereinbarten Dividendenmilliarden abführen muß oder ob man dem Staatskonzern wegen der einsetzenden Rezession Aufschub gewähren soll? Mit dem heutigen Wissen um die Lage der Verstaatlichten mutet es wie ein Treppenwitz der unendlichen Verstaatlichten-Geschichte an, daß aus der Dividenden- fast eine Koalitionsfrage wurde.

Aber damals - damals? Bis vor kurzem redete man uns ja auch noch ein, daß das AMAG-Debakel (13 Milliarden Schilling zusätzlicher Finanzbedarf!) durch den Verkauf des Familiensilbers der Dachgesellschaft ÖIAG spielend aus der Welt zu schaffen ist. Bevor aber die ÖMV noch versilbert werden konnte, ist das einstige Paradeunternehmen selbst tief in die roten Zahlen gerutscht und muß ein „Crash-Programm" (Aufsichtsratspräsident Oskar Grünwald) fahren, was im Klartext heißen wird: Personalabbau, Abbau von Sozialleistungen, Stilliegung von Produktionen und andere werterhöhende Maßnahmen.

Ja, ja, die Rezession trifft halt alle! Sie trifft, in der Tat, (fast) alle. Anderen Mineralölkonzernen geht's zur Zeit auch nicht rosig, aber sie werden die Rezession wohl ohne staatliche Stillegungsprämien überleben (müs-

sen). Während Shell & Co die fetten Jahre zum Anlegen von Reserven verwendet haben, wurde die ÖMV - aber auch andere staatliche Unternehmen - konsequent zum Arbeitnehmerparadies für die Belegschaft ausgebaut. Heute spricht selbst der aus der Arbeiterkammer kommende Aufsichtsratspräsident Grünwald sehr kritisch von den überzogenen Sozialleistungen und den viel zu hohen Personalkosten pro Kopf. Wirtschaftsjournalisten, die seit gut 20 Jahren immer wieder warnend auf diesen Umstand hinweisen, wurden aber noch Ende der achtziger Jahre als Schwarzmaler abgeschmettert.

Dank ihrer einzigartigen Stellung innerhalb Österreichs Energieversorgung hätte die ÖMV wahrscheinlich auch ihre großzügigen Sozialleistungen und Gehälter verkraftet, hätte man ihr nicht die nach einer Kapitalzufuhr dürstende Chemie Linz zwecks Rettung der Linzer Arbeitsplätze „umgehängt" - gegen den Widerstand des damaligen ÖMV-Managements. (Die Che-. mie Linz schrieb auch schon zu Zeiten Verluste, als die privaten Chemiekonzerne noch in Geld badeten.) Es kam wie immer, wenn nach dem System Bruno Kreiskys Arbeitsplätze „gerettet" wurden: Die Arbeitsplätze sind weg, die Schulden sind da.

Man hätte sich den neuerlichen teuren Beweis sparen können: Wir haben auch schon vorher begriffen, daß der Staat keine Industriebetriebe führen soll und kann.

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