6751768-1967_31_04.jpg
Digital In Arbeit

Keine Traumlösune

Werbung
Werbung
Werbung

Die österreichische Industrieverwaltungsgesellschaft (ÖIG) und die „Töchter der Internationalen“ haben nach langem Stellungskrieg den öl-konflikt Anfang Juli durch ein neues Arrangement beendet. Demnach wird die ÖMV Anspruch auf 51 Prozent der Durchsatzkapazität der Adria-Wien-Pipeline haben. Nach dem ursprünglichen Vertrag hätte die Durchsatzquote der ÖMV nur 26 Prozent betragen, obwohl sie mit 51 Prozent des Stammkapitals der Pipelinegesellschaft auch 51 Prozent der Kosten des Pipelinebaus hätte übernehmen müssen. Weiters gaben die „Internationalen“ der ÖMV-AG. eine Abnahme- beziehungsweise Verarbeitungsgarantie in der Höhe von 31 Millionen Tonnen für einen Zeitraum von 13 Jahren. Dies bedeutet eine langfristige Sicherung der Raffinerie Schwechat. Schließlich einigte man sich über die Beteiligungsverhältnisse und Standorte neuer Raffinerien. Die ÖMV-AG. wird in ihnen eine Sperrminorität von 26 Prozent erhalten.

Soweit die publizierten Teile des neuen Pakets. Eine exakte Analyse seiner Auswirkungen auf die. österreichische Erdölwirtschaft wird erst bei Kenntnis der Details möglich sein. Aber eines steht fest: es wurden für die österreichische Seite bemerkenswerte Verbesserungen durchgesetzt. Das Ergebnis ist zwar keine Traumlösung, aber in der gegebenen Konstellation ein Optimum. Dieses Optimum kam trotz und nicht dank der Interventionen einflußreicher Kreise unseres Landes zustande.

Die österreichischen Zweige der Weltkoneerne scheinen von ihren Zentralen etwas zurückgepfiffen worden zu sein. Vor nicht allzu langer Zeit kannte man nämlich ihrerseits noch hören, die alten AWP-Verträge seien ein echtes Geschenk an die ÖMV. Hat vielleicht auch der Besuch des ÖIG-Präsidenten in den USA zu diesem Klimawechsel bei-' getragen? Dem „toright young man“ Josef Taus, wie er auch US-Managern imponiert haben dürfte, ist mit der ölstory ein richtiger Coup gelungen. Für Aufsichtsrat und Vorstand der ÖMV, die die Verträge in der alten Form bereits hatten passieren lassen, gereicht der Verlauf der Dinge allerdings nicht unbedingt zum Ruhm.

Blenden wir noch einmal kurz zurück, warum es überhaupt zur Vertragsrevision kam: Nicht wegen der Bedenken hoher und höchster Stellen, sondern weil die Belegschaft der ÖMV die alten Verträge ablehnte und diese Ablehnung auch massiv zum Ausdruck brachte. Die Gewerkschaften holten beim Österreich!-

sehen Institut für Wirtschaftsforschung und bei einigen Fachleuten kurzfristig Expertisen ein. Diese Gutachten bestätigten im wesentlichen die Befürchtungen der Belegschaft und stimmten auch die öffentliche Meinung bedenklich. Dazu kam der glückliche Umstand, daß die ÖIG bereits existierte und man in der Kantgasse offensichtlich bereit war, auch angeblich „Unabänderliches“ — wie Vizekanzler Dr. Bock meinte — in Frage zu stellen. Ohne die Rückendeckung des ÖGB wäre es aber, dies sei hier festgehalten, der ÖIG wesentlich schwerer gefallen, die positiven Vertragsänderungen durchzusetzen. Alles in allem stellt das Paket in seiner heutigen Form einen vertretbaren Kompromiß dar. Darauf weist auch die Zustimmung des ÖIG-Aufsichtsrates hin. In diesem sitzen immerhin der Obmann der Chemiearbeitergewerkschaft (gleizeitig Präsident des österreichischen Arbeiterkammertages), ein Zentralsekretär der Metallarbeitergewerkschaft und der leitende Sekretär der Sektion „Industrie“ der Privatangestelltengewerkschaft. Das positive Votum dieser Funktionäre sollte auch jenen Betriebsräten der ÖMV, die anscheinend nicht dem Optimum zuliebe auf ihre Traumlösung verzichten wollen, zu denken geben!

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung