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Lehrreicher Wechsel

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Heinrich Ubleis wurde bei seiner Bestellung zum Bautenminister ein ähnlich hoher Vertrauensvorschuß — auch von der Opposition — gegeben wie zuvor Franz Vranitzky und Ferdinand Lacina. Ich bin sicher, daß er dieses Vertrauen ebensowenig wie die beiden anderen verspielen wird.

Abgesehen von ihren persönlichen Fähigkeiten bringen die drei Genannten nämlich etwas ein, was man fast zwingend für die Führung eines Wirtschaftsressorts vorschreiben sollte: Sie haben sich alle drei in der Wirtschaftspraxis bewährt und wurden nicht auf Grund von Parteifunktionen oder als Dank für die übliche jahrelange „Ochsentour” berufen. Alle drei haben aber vor ihrem jetzigen politischen Amt auch schon ausreichend in den Ablauf der politischen Entscheidungsprozesse hineinschnuppern können.

Franz Vranitzky wurde auf Grund seiner in der Nationalbank erworbenen Sachkenntnisse dem damaligen Finanzminister Androsch als Sekretär und Berater empfohlen. Im Finanzministerium konnte Vranitzky nicht nur fachlich dazulernen, sondern auch so etwas wie einen politischen Instinkt erwerben, ehe er in der Creditan-stalt und der Länderbank in führender Position wieder die Auswirkungen der von ihm mitkonzipierten Wirtschaftspolitik auf der „anderen” Seite erlebte.

Ferdinand Lacina übt sich zunächst in der Arbeiterkammer, ehe er ins Management der Dachgesellschaft der Verstaatlichten Industrie (ÖIAG) übersiedelte. Als Kabinettchef Bruno Krei-skys wurde er auch mit den Spielregeln der großen Politik vertraut.

Und Heinrich Ubleis schließlich lernte bei der Post von der Pike auf, sammelte politische Erfahrung als Sekretär des Verkehrsministers und kann auf überzeugende Managementerfolge verweisen.

Eine derart ausgewogene Mischung von Sachkenntnis, praktischer Erfahrung in einem Unternehmen und politischer „Gehschule” ist in einem Wirtschaftsministerium auch durch Fleiß und hohe Intelligenz nicht wettzumachen. Wobei sich, wie bei Handelsminister Norbert Steger, die Situation noch verschlechtert, wenn taktische Rücksichtnahmen dazukommen.

Offen ist für mich die Frage, ob eine Partei, die sich fast zwei Jahrzehnte in Opposition befindet, im Falle des Falles die Kraft aufbringt, bei der Besetzung der Ministerien ihre in der Oppositionsfront bei der Stange gebliebenen Spitzenfunktionäre zu übergehen — selbst wenn sie erkennt, daß diese das falsche Anforderungsprofil haben.

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