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Für einen Herkules

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In Sachen Verstaatlichter Industrie möchte Bundeskanzler Fred Sinowatz jetzt am liebsten gestern tun, wozu er zwei Jahre und sein Vorgänger 13 Jahre Zeit hatten. Neu an den Problemen ist ja im Grunde nur die Sache mit der ölspekulation. Alles andere, was jetzt neu geregelt werden soll, ist als grundsätzliches Problem längst bekannt.

So z.B. die Stellung der öl AG, die jetzt zu einer echten Konzern-Holding ausgebaut werden soll. Diese Forderung und die Analyse, daß die ÖIAG ohne wesentliche Stärkung ihrer Stellung als Kontrollinstanz nichts taugt, findet sich schon im berühmten Wirtschaftsprogramm der SPÖ aus dem Jahre 1968.

Besonders überraschen muß aber Beobachter mit einem leidlich guten Gedächtnis, mit welcher Vehemenz Sinowatz und die Seinen jetzt die „J5ntpolitisierung der Verstaatlichten" verfolgen (wenn auch zunächst nur mit Worten).

Hatte diese Regierung, vor allem aber Bruno Kreisky in seinen letzten Regierungsjahren, nicht mit der gleichen Vehemenz behauptet, das Parteibuch spiele bei der Besetzung von Führungspositionen in der Verstaatlichten ohnehin keine Rolle mehr? Mir persönlich ist noch eine Diskussion Kreiskys mit einer Maturaklasse in der Obersteiermark in Erinnerung, wo er, damals noch Bundeskanzler, von den Schülern darauf angesprochen wurde und den Vorwurf der Parteibuchwirtschaft entrüstet zurückwies.

Künftig also wird ausschließlich Minister Ferdinand Lacina für die Auswahl der Aufsichtsräte und der Spitzenmanager verantwortlich sein, sprach der Bundeskanzler. Wofür soll Lacina nicht noch alles verantwortlich sein? Es scheint, als würden die Probleme der Verstaatlichten in den nächsten Jahren auch einen tüchtigen und expeditiven Mann mehr als auslasten. Ferdinand Lacina ist aber auch noch für Post und Bahn zuständig und sollte eigentlich auch mit voller Kraft an dem nach wie vor ausständigen Gesamtverkehrskonzept arbeiten. Niemand weiß nämlich im Moment, welche Rolle den einzelnen Verkehrsträgern mittel- und langfristig zugedacht ist, wie sich der Rhein-Main-Donau-Kanal auf die Bahn auswirken wird, wie's mit den Nebenbahnen weitergeht.

Ich frage mich, ob es, rückblickend, nicht ein Fehler war, Verstaatlichte, Bahn und Post zu einem derartigen Riesenressort zusammenzulegen. Und ich frage mich, ob man nicht Lacina wieder für die Verstaatlichte freistellen oder ihm zumindestfür Bahn und Post einen Staatssekretär zur Entlastung geben sollte. Die Zahl der Staatssekretäre müßte deshalb nicht zwangsläufig erhöht werden.

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