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Skeptisch bleiben

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Die verwertbaren Teile der chronisch defizitären Wien-Film werden verkauft, der Rest wird zugesperrt. Auch wenn man darauf hinweisen kann, daß die kommerzielle Chancenlosigkeit des Unternehmens eigentlich schon seit mindestens zehn Jahren bekannt ist und ein derartiger Schritt im Interesse der Steuerzahler schon früher hätte erfolgen müssen, ist diese Betriebsstillegung nach dem Verkauf der Aktienmehrheit an Semperit doch ein weiteres Zeichen dafür, daß im Unternehmensbereich des Staates seit dem Abgang Kreiskys ein Umdenken erfolgte.

Noch scheinen Fred Sinowatz, Ferdinand Lacina und Franz Vranitzky jedenfalls gewillt, an dem selbstgesetzten Ziel, marode Staatsbetriebe entweder zu sanieren oder zuzusperren, festzuhalten.

Allerdings: Die Aktienmehrheit eines Konzernbetriebes einer verstaatlichten Bank zu verkaufen und eine Filmfirma mit knapp hundert Beschäftigten aufzulösen ist eine Sache, einen Industriebetrieb mit Tausenden Mitarbeitern und womöglich zentraler Bedeutung für eine Region zuzusperren eine — vor allem politisch - ganz andere Sache.

Und trotz des eben bewiesenen Mutes zur Sachlichkeit und ungeachtet der immer wieder von Ferdinand Lacina wiederholten Beteuerungen, man werde sich auch innerhalb der ÖIAG (der Dachgesellschaft der Verstaatlichten Industrie) an das im Herbst 1983 gesetzte Ziel — wenn ein verstaatlichtes Unternehmen nicht in den nächsten drei Jahren in die Gewinnzone kommt, wird es aufgelöst — halten, ist Skepsis angebracht. Denn die Frist läuft im Herbst 1986 ab — und wenige Monate später wird bekanntlich gewählt.

Die Chancen, daß sich die Regierung die heikle Entscheidung erspart, weil die Unternehmen der ÖIAG-Gruppe dann ohnehin schwarze Zahlen schreiben werden, schätze ich trotz der im Moment guten Papierform — mit Ausnahme der Stahlfirmen und der Elin bilanzieren alle Unternehmen heuer wahrscheinlich positiv — nicht allzu hoch ein. Ohne die bereits erfolgten oder eingeleiteten Umstrukturierung smaßnahmen geringschätzen zu wollen, ist das relativ gute Abschneiden der verstaatlichten Unternehmen (insgesamt erfolgte 1984 eine Halbierung der Verluste) doch hauptsächlich konjunkturbedingt.

Die liebe Konjunktur wird aber, wenn man den Wirtschaftsforschern glauben darf, just dann umkippen, wenn bei den Staatsbetrieben die Frage „Sein oder nicht Sein“ zu beantworten ist.

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