Der „Macher” kann es sich nicht leisten, auf die Möglichkeiten, die populistische Politik bietet, zu verzichten. Populismus ist ein brauchbares Instrument, sperrige Gegenkräfte - ob Minderheiten, wissenschaftliche Befunde oder wertorientierte Kritiker - noch dazu mit Beifall bedankt, an die Wand zu spielen. Vergessen wir nicht: Der Macher verwaltet einen säkularen Niedergang. Aber Legitimation, Akzeptanz und Zustimmung können noch lange nicht zur Gänze virtuell aus dem Hut gezaubert werden. Daher nimmt der Macher die Frischzellenzufuhr populistischer Politik gerne in Anspruch.
Auch dem Problem der Wettbewerbsfähigkeit Österreichs nähert sich der ÖGB nicht mit der nötigen wachen Aufmerksamkeit, die die Dramatik der Situation erfordert. Wir haben ein ernstes Arbeitskostenproblem. Die heutigen Arbeitskosten haben nur mehr sehr eingeschränkt etwas mit dem Austausch von Arbeitskraft für unternehmerische Zwecke zu tun. Sie sind eine liebgewonnene, aber hochgradig überfrachtete gesellschaftlich-sozialpolitische Größe. Die Brutto-Arbeitskosten enthalten die Pensionslasten für die ökonomisch inaktive Generation, die Kosten der Arbeitslosigkeit, der
Was ist los mit der FPÖ? Seit ihrer Niederlage bei den letzten Nationalratswahlen im Oktober des Vorjahres — immerhin wähnte sich FP-Obmann Friedrich Peter schon als Vizekanzler in einer SP/FP-Koa-litiönsregierung — und seit der Aufdeckung der mit „problematisch“ äußerst unzulänglich beschriebenen früheren Vergangenheit des obersten Chefs tritt die FPÖ im Schatten der österreichischen Innenpolitik auf auf der Stelle. Alles, was sie in den letzten elf. Monaten tat oder unterließ, war von der Absicht bestimmt, Gras über die Ereignisse im Herbst 1975 wachsen zu lassen. Diese
In der nächsten Woche wollte Gratz die Namen jener Politiker nennen, die das Rathaus-System entrümpeln sollten. Dies kündigte er bald nach dem Einsturz des größten Wiener Verkehrsweges, der Reichsbrücke, an. Seither wurden kaum Gedanken über die Zukunft der Bundeshauptstadt geäußert, sondern die angekündigte Bereitschaft zum Saubermachen wurde vor allem in Bemühungen, die Mitschuldigen an der Reichsbrückenkatastrophe freizusprechen, umgesetzt. Ex-Stadtrat Hofmann ist wieder wer, kann seine noch festere Verankerung in der Wiener SP-Zentrale und seine bestätigte Funktion als Wiener
Unser aller Bundeskanzler Bruno Kreisky, ein Sonnenkönig, in dessen Reich die Überraschungen nie untergehen, ist auf einen neuen Außenminister verfallen: auf Willibald Pahr, Leiter des Verfassungsdienstes im Bundeskanzleramt, seinem Herrn bislang als nimmermüde Rechtferri-gungseinrichtung eigener Verfassungsinterpretationen angenehm aufgefallen.Aus der Sicht der SPÖ wie der ÖVP hat Pahr einen Makel: Er wurde knapp nach der Installierung einer unikoloren ÖVP^Regierung Mitglied des ÖAAB, zahlte brav seine Mitgliedsbeiträge, setzte zwei Jahre damit aus, ehe er knapp vor den letzten
„Wenn das erste österreichische Kernkraftwerk nicht spätestens im Winter 1077/78 zum Einsatz kommt“, so der Generaldirektor der Verbundgesellschaft, Erbacher, „entsteht ein Energiemangel, der nicht mehr aufzuholen ist.“ Erstmals seit 1945 müßte dann Strom kontingentiert werden, für die Haushalte ebenso wie für Industrie und Landwirtschaft. Zwingende Folge drastischer Sparmaßnahmen: ein scharfer Rückgang des Lebensstandards in Österreich, der nicht zuletzt auf einer permanenten und ausreichenden Versorgung mit Energie beruht.Das ernste Wort des Verbund-Ohefs ist keine leere
Seit 1945 wird in Österreich alle zwanzig Monate zwischen den beiden Großparteien um die Verlängerung des Marktordnungsgesetzes gepokert. Das achtzehnte und vorletztemal ging es dabei so hart her, daß man glauben mußte, es könnte gar nicht mehr härter werden. Wenig später aber wurde ein Kompromiß erzielt. In die neunzehnte Pokerrunde wurde selbst die Sozialpartnerschaft eingesetzt. ÖGB-Präsident Benya sprach das machtbewußte Wort, daß die Bauern jeder Regelung zustimmen müßten, weil sie doch auf den Verkauf ihrer Ernte angewiesen seien, gelassen aus.
Die Idee der Regierungspartei, die Kooperation und Zusammenlegung zwischen den Unternehmungen der halbverstaatlichten Banken, der privaten und der verstaatlichten Industrie in die Wege zu leiten, im SPÖ-Wirtschaftsprogramm des Jahres 1968 formuliert und zu Jahresbeginn im Rahmen der SPÖ-Wirt-schaftskonferenz zu neuem Leben erweckt, hat nun ihr institutionelles Kleid gefunden: geschaffen wurde die sogenannte „Industriekommission“, ein Gremium, in dem die Vertreter der Bundesregierung, der Sozialpartner und des Kreditapparates zusammenarbeiten sollen, um, wie das Bundeskanzler Kreisky formuliert hat, Möglichkeiten zur Verbesserung der österreichischen Wirtschaftsstruktur zu finden.
Nach einer im Dezember 1975 vom europäischen Wirtschaftsmagazin „Vision“ veröffentlichten Aufstellung europäischer Finanzplätze liegt Wien — was seine Börsenumsätze und den Wert der an der Wiener Börse gehandelten Papiere betrifft — klar abgeschlagen an letzter Stelle. Selbst in Madrid wird jährlich das Fünf-undächtzigfache der Wiener Börsenumsätze abgewickelt.Ob eine Metropole den Status eines internationalen Finanzplatzes genießt, ist keine Frage der Größe des Hinterlandes, oft nicht einmal von der Bedeutung der ansässigen Industrie abhängig. Es ist dagegen vor allem
Seit Jahresbeginn liegt die Dachgesellschaft der Verstaatlichten, die ÖIAG, im Schußfeld politischer Auseinandersetzungen. Den Anfang machte der neubestellte Präsident des Österreichischen Arbeiterkammertages, Adolf Czettel, als er engere Bindungen zwischen der ÖIAG und den Konzernbetrieben der halbverstaatlichten Großbanken Credit-anstalt-Bankverein und österreichische Länderbank forderte. Diese „Strukturbereinigung“ soll, so Czettel, größere Kapazitäten schaffen und allfällige Mehrgleisigkeiten innerhalb der heimischen Staatsfirmen verhindern. Finanzminister Androsch mißfiel
An der Stirnseite des Saales in Prag-Vinohrady prangte auf tschechisch und deutsch die Parole „Alle unsere Kräfte für Frieden und Sozialismus!“— darunter saßen 118 Betagte, vornehmlich aus dem ehemaligen Sudetenland. Delegierte ohne Mandat aus den Reihen der Deutschen, die von der Zwangsemigration von 1945 verschont blieben, weil sie das richtige Parteibuch besaßen — und jetzt, wie aus den letzten Verhandlungen Bonn-Prag ersichtlich, in hellen Scharen doch das Land verlassen wollen. Das wäre ein Thema für die braven Mannen und Frauen gewesen, die sich einen — ohnehin
Präzis müßte die Frage lauten: Wird die einzige Kirche im Machtbereich Moskaus, die noch in öffentlichen Dingen einen — wenn auch bescheidenen — Einfluß ausüben kann, die Kirche in der DDR, ihren öffentlich-rechtlichen Charakter einbüßen? Und zwar die evangelische so gut wie die katholische?Zu den spezifischen Ausprägungen der Reformation in Deutschland gehörte eben dieser öffentlich-rechtliche Charakter der Kirche. Skandinavien, England, die Schweiz, Österreich — protestantische, katholische und hochkirchliche Gemeinschaften haben in diesen Ländern bis zur Stunde den
Sämtliche Länder Osteuropas haben mit Jahresbeginn die Preise drastisch erhöht. In den offiziellen Verlautbarungen wird meist als Grund die Preissteigerung im Westen und die entsprechende Verteuerung der Importe angegeben. Ein Beispiel mag aber genügen, um diese Theorie zu durchlöchern: Filme werden in, Ungarn um 12 Prozent teurer, Photopapiere sogar um 36 Prozent. Beide Produkte aber stammen, wie der Kenner des Landes weiß, ausschließlich aus der DDR.Osteuropa wird also teurer, nicht erst teuer. Das war es schon immer. Lediglich die ziemlich stabil gebliebenen Preise für Lebensmittel
„Die gegenwärtige Situation ist das Ergebnis einer fehlerhaften Politik unserer Partei und der daraus resultierenden falschen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Maßnahmen unserer Regierung.“ Das sagte keine Geringerer als der damalige Ministerpräsident der DDR, Otto Grotewohl, nach dem Aufstand vom 17. Juni 1953.Die Kinder der Demonstranten vom 17. Juni 1953 sind jetzt 20 Jahre alt. Ihre Welt ist enger, überschaubarer, aber auch einseitiger und voller von Fehlurteilen als die ihrer Väter, denen keine Mauer die Verbindung zum größeren Deutschland verviehrte. Trotzdem