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Ibos und die DDR

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„Die gegenwärtige Situation ist das Ergebnis einer fehlerhaften Politik unserer Partei und der daraus resultierenden falschen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Maßnahmen unserer Regierung.“ Das sagte keine Geringerer als der damalige Ministerpräsident der DDR, Otto Grotewohl, nach dem Aufstand vom 17. Juni 1953.

Die Kinder der Demonstranten vom 17. Juni 1953 sind jetzt 20 Jahre alt. Ihre Welt ist enger, überschaubarer, aber auch einseitiger und voller von Fehlurteilen als die ihrer Väter, denen keine Mauer die Verbindung zum größeren Deutschland verviehrte. Trotzdem stimmt es nicht, wenn die Bundesrepublik ihre verhängnisvolle Deutschlandpolitik durch Berichte über angebliche Solidarität von Menschen und Regierung in der DDR abzustützen versucht; nicht nur die todesmutigen Flüchtlinge sind der Gegenbeweis, sondern jedes beliebige Gespräch mit Ostdeutschen. Die Zustimmung zu ihrem Staat ist lediglich ein seelischer Klimmzug, um nicht am inneren Protest zu ersticken — die Ablehnung der verhaßten Ideologie bleibt die gleiche. Die voreilige Begeisterung des Westens für Bonns Deutschlandpolitik hat die Verantwortung gegenüber der verschenkten Einheit der Deutschen auf viele Schultern verteilt. Für das Verbleiben der Ibos im Kongo brachte man mehr Verständnis auf als für den Freiheitsruf Ostdeutschlands.

Pankow entsendet in die Hauptstädte des Westens sattelfeste Funktionäre — Bonn dagegen schickte einen Mann nach Ost-Berlin, dessen bisherige Tätigkeit beim Rundfunk und beim „Spiegel“ kaum einen Zweifel daran läßt, daß er kein Verhältnis zur westlichen Lebensform hat. Günter Gaus, jetzt schon Staatssekretär, wird mit Sicherheit in seiner zukünftigen Botschaft, wohl „Unter den Linden“, keine Bittschriften bedrängter Eltern entgegennehmen.

War der 17. Juni ein Faktum, besteht der Schießbefehl, ist das kommende Jugendfestival in Ost-Berlin eine kommunistische Propagandaschau? Dieser Tag ruft zur Sache, fern von aller Ideologie.

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