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Traum vom Monopol?
Die Idee der Regierungspartei, die Kooperation und Zusammenlegung zwischen den Unternehmungen der halbverstaatlichten Banken, der privaten und der verstaatlichten Industrie in die Wege zu leiten, im SPÖ-Wirtschaftsprogramm des Jahres 1968 formuliert und zu Jahresbeginn im Rahmen der SPÖ-Wirt-schaftskonferenz zu neuem Leben erweckt, hat nun ihr institutionelles Kleid gefunden: geschaffen wurde die sogenannte „Industriekommission“, ein Gremium, in dem die Vertreter der Bundesregierung, der Sozialpartner und des Kreditapparates zusammenarbeiten sollen, um, wie das Bundeskanzler Kreisky formuliert hat, Möglichkeiten zur Verbesserung der österreichischen Wirtschaftsstruktur zu finden.
Die Idee der Regierungspartei, die Kooperation und Zusammenlegung zwischen den Unternehmungen der halbverstaatlichten Banken, der privaten und der verstaatlichten Industrie in die Wege zu leiten, im SPÖ-Wirtschaftsprogramm des Jahres 1968 formuliert und zu Jahresbeginn im Rahmen der SPÖ-Wirt-schaftskonferenz zu neuem Leben erweckt, hat nun ihr institutionelles Kleid gefunden: geschaffen wurde die sogenannte „Industriekommission“, ein Gremium, in dem die Vertreter der Bundesregierung, der Sozialpartner und des Kreditapparates zusammenarbeiten sollen, um, wie das Bundeskanzler Kreisky formuliert hat, Möglichkeiten zur Verbesserung der österreichischen Wirtschaftsstruktur zu finden.
Alles Heil einer gesunden und dynamischen Wirtschaft geht laut SPÖ-Wirtschaftspragramm von einer Aufsplitterung der Wirtschaft in große Produktionsbereiche aus. Aus sozialistischer Sicht sind immer nur die größten Produktionsbereiche zur Bewältigung künftiger Entwicklungen geeignet.
In der Legislaturperiode 1971 bis
1975 riskierte das Kabinett Kreisky in dieser Richtung die Zusammenführung der verstaatlichten Schwerindustrie, aber auch die Vorlage des Entwurfs eines Kreditwesengesetzes, das dem Finanzminister die Vergabe von Krediten auf Grund bestimmter Voraussetzungen (Arbeitsplatzsicherung, Wachstum) eingeräumt hätte. Dieser Entwurf scheiterte letztlich
an der relativ geschlossenen Front der Banken und der privaten Wirtschaft. Dann, das schwedische Modell“ vor Augen, ahnt man, daß gar nicht immer wirtschaftliche Überlegungen für die Vergabe begünstigter Kredite ausschlaggebend sein müssen, sondern oft auch die Frage des unternehmerischen „Wohlverhaltens“ gegenüber Bundesregierung und Regierungspartei eine wichtige Rolle spielen kann.
Die Schaffung der „Industriekommission“ dürfte ein neuerlicher Versuch sein, den staatlichen Einfluß auf die Unternehmerwirtschaft auszuweiten. Selbst „hautnahe Probleme“ sollen (also) direkt angegangen werden. Was dabei herauskommen könnte, hat Arbeiterkammerpräsident Adolf Czettel bei seinem Amtsantritt laut gedacht: Fusionen und Kooperationen per kommissio-nelle Verordnung.
Bundeskanzler Kreisky bestreitet derlei Absichten: „Wir wollen keine gesellschaftspolitischen Zielvorstel-lungen verwirklichen und die Industriekommission nicht als Kulisse für gesellschaftspolitische Veränderungen verstanden wissen.“ Das Kanzlerwort in Ehren, nur: die Idee der Schaffung großer Produktionsbereiche ist eine gesellschaftspolitische Zielvorstellüng, die darauf abzielt, die mittelständische Struktur der österreichischen Wirtschaft entscheidend zu verändern. Und diese gesellschaftspolitischen Zielvorstellungen haben zudem den gewichtigen Nachteil, daß sie zu keinen besseren wirtschaftlichen Ergebnissen führen. Soll schon sein, daß auch der Bundesregierung ein Verdienst an der verhältnismäßig reibungslosen Bewältigung der wirtschaftlichen Rezession gebührt — die entscheidende Ursache für die Aufrechterhaltung der Vollbeschäfti-
gung in Österreich ist in erster Linie in dieser mittelständischen Struktur zu finden. Kleinere Produktionseinheiten sind flexibler, passen sich Krisen- und Wachstumssituationen besser an und wachsen auch in der Regel dynamischer als verwaltungs-lastige und unbewegliche Großproduzenten. Daß auch in der Rezession die verstaatlichte Stahlindustrie ohne Kündigungswelle davonkam, liegt nicht an ihrem (übrigens in einigen Betrieben durchaus tüchtigen) Management, sondern es lag an der Bereitschaft der Bundesregierung (und der Zustimmung der Wähler und Steuerzahler), aus öffentlichen Mitteln Defizite abzudecken.
Gerade in einer interventionistischen Marktwirtschaft mit einem sehr hohen Verstaatlichungsgrad bildet die mittelständische Struktur eine Garantie für die Sicherung des Wettbewerbs. Schafft man durch öffentliche Förderung freilich zwei Klassen von Unternehmungen, so gerät naturgemäß die nicht begünstigte Unternehmensklasse unter einem starken Wettbewerbsdruck, dem sie sich nur durch Fusion mit begünstigten Unternehmungen entziehen kann. In der Regierungspartei setzt man auf diese Konsequenz, in der Opposition hat man nun endlich eingesehen, daß damit automatisch Freiheiten nicht nur für das private Unternehmertum, sondern auch für die Konsumenten und für die Wahl des Arbeitsplatzes aufgegeben würden. Bundeskammer-generalsekretär Arthur Mussil fürchtet sich vor einem System von .Zuckerbrot und Peitsche', das zunächst direkten hoheitlichen Zwang vermeidet, dann aber zu zwangswirtschaftlichen Praktiken führt. Man läßt zwar der Wirtschaft eine Freiheit, wenn sie aber nicht tut, was die Industriekommission will, so erhält sie keine begünstigten Kredite, keine Steuerbegünstigungen, sie hat dann die Freiheit, „in Freiheit zugrunde zu gehen“.
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