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RANDBEMERKUNGEN ZUR WOCHE

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PARTEI UND PRESSE. Dieses Problem beschäl figt in der soeben erschienenen Nummer de „Oesterreichischen Monatshefte“ den Chefredak feur des Pressedienstes der Volksportei. M Recht. Wer ein waches Ohr für die Gespräch österreichischer Journalisten hat, weiß schon se langem, daß das gegenseitige Verhältnis vo Partei und Parteipresse — und nur von diese ist hier die Rede — einiges zu wünschen übrig läfjt. Zum Schaden für beide Teile. Dr. Gottfriei Heindi geht von jüngsten Erfahrungen aus. E stellt nüchtern für seine Partei fest: „Es ist kaun faßbar, daß auf den propagandisfi sehen Erfolg des Wahlkampfes eil publizistisches Debakel, Wie wir e anläßlich der Regierungsbildung erlebten, folgen konnie.“ (Hier wird auf dii Tafsache angespielt, dafj über die Parteipressi in den einzelnen Phasen der Regierungsbildung beinahe ein „Schreibverbot“ verhängt war während sich die sogenannte „neutrale“ Press in mehr oder weniger üppigen Kombinationen er gehen konnte.) Doch dies ist für den Verfasse nur der Anlaß, einmal einen Vorstoß für ein Korrektur des Verhältnisses von Partei und Presse von Politiker und Journalist zu unternehmen „Die Politiker sollen den Journalisten nich nur mehr sagen, sondern sie sollen sich aucl dort, wo es nötig ist, von den Journalister etwas sagen lassen. Wer in der Presse eine Partei auf die Dauer erfolgreich sein will muh nicht nur journalistisch, sondern auef politisch denken und handeln; der muh in Parlament, in der Gemeindestube und in de; Wahlversammlung genau so zu Hause seir wie in der Redaktionssfube und am Umbruchtisch, der muh zum Beispiel nicht nur wissen wie man eine Zeitung herstellt, sondern auef wie ein Gesetz entsteht. Dieses Wissen beruh' aber keineswegs auf Gegenseitigkeil; niemand wird von einem Politiker verlangen, dafj er um den internen Mechanismus des Zeifungsbetriebes Bescheid weif). Verlangen kann man jedoch von ihm. dafj er in dieser Fragen den Journalisten zu Rate zieht.“ Was schlägt nun der Verfasser vor? Hier wird Dr. Heindi, der so mutig begonnen hat, zurückhaltender: „Aus diesem eindeutigen Kausalprinzip ergibt sich auch die Stellung der Parteipresse zur Partei; auch sie kann nicht Selbstzweck, sondern nur Dienerin oder, genauer gesagt, Gehilfin der Partei sein. Denn was wir verlangen dürfen, ist, dafj dieses klare Subsidiar-verhältnis nicht im Sinne bedingungsloser Unterordnung, sondern im Geiste vertrauensvoller Zusammenarbeit gehandhabt wird.“ Half- half! Das Wort Gehilfin gefällt uns, ehrlich gesagt, nicht besonders. Liegt der Ausweg nicht in einer ehrlichen Zusammenarbeit zwischen Freunden, selbständigen und eigenwilligen mitunter sogar? Zum Nuizen von beiden-

KAPITALAKKUMULATION IN ROT. Wie wir den vorliegenden Geschäftsberichten entnehmen können, ist die Arbeiterbank ein kommerziell ganz ausgezeichnet geführtes Unternehmen, schon deshalb, weil sie geneigt ist, überall da Geschäfte zu machen, wo sich die optimale Profitchance bietet. „Wenn die Möglichkeiten, im eigenen Bereich Geschäfte zu machen, erschöpft sind und eine Art „Reifezustand“ eingetreten ist, dann wird eben ein „ausländischer Markt“ erobert, nämlich das Geschäft mit den Repräsentanten des reinen und etikettierten Kapitalismus gemacht, der auf diese Weise „durchdrungen“ wird. Insoweit ist das Handeln der Arbeiterbank „imperialistisch“ und das, was sie fut, ähnlich dem Handeln der klassischen Kapitalisten, wie es uns von Rosa Luxemburg in ihrem Buch „Die Akkumulation des Kapitals“ beschrieben wurde. Die Verflechtung der reinkapitalistischen und der gemeinwirfschafflichen Formen der Wirtschaftsführung schreitet also fort, bis sie zu e i n e m Komplex wird, den man kaum wird eindeutig klassifizieren können. Im Jahre 1955 erzielte die Arbeiterbank einen Reingewinn in Höhe von zirka 4,5 Millionen. Bei 30 Millionen Schilling Aktienkapital ist das eine „Mehrwerfrate“ von zirka 15 Prozent, ein geradezu klassischer Profit, den zu interpretieren Karl Marx wahrscheinlich gewungen hätte, einen vierten Band des „Kapitals“ zu schreiben. Vom Reingewinn erhielten die Aktionäre, das sind Gewerkschaftsbund und Konsumvereine, 1,8 Millionen. Der nicht unbeträchtliche Rest wird wahrscheinlich als „mehrwertdeckender Mehrwert“ zum Zweck der weiteren „Akkumulation“ von stets ausbeutebedachtem Kapital einbehalten und dient mit den 30 Millionen und den stillen Reserven dazu, die schon gegebene Ausbeutungsquote in ihrer Progression zu halfen. Die Höhe der Einlagen wird für Ende 1955 mit 985 Millionen ausgewiesen. Man muß vermuten, dafj in dem angeführten Betrag zu einem grofjen Teil die Mfigliedsbeiträge der „roten“ und auch der „schwarzen“ Gewerkschaftsmitglieder enthalten sind. Auch der Streikfond, dessen Höhe zirka 270 Millionen umfaljt, liegt bei der Arbeiterbank und ist dazu bestimmt, in (Gott sei Dank immer seltener werdenden) Konflik.'-sifuationen den Gewerkschaften die Möglichkeif zu geben, gegen ihren Arbeifsmarktpartner durchzustehen. Je weniger die Unternehmer Anlafj geben, zu streiken, um so stärker fördern sie die Chance der Arbeilerbank, mit den Cel-dern der Arbeifer Mehrwert, und zwar auch den beilragzahlenden Arbeitern zu entziehen. Gerade das Exempel „Arbeilerbank“ zeigt, wie weit sich in der Wirklichkeit des Wirtschaftslebens und einer Gesellschaft, deren Schichten nicht mehr in der alten Distanz leben, die beiden scheinbar so extremen Wirtschaffsweisen, die „freie“ und die „Gemein“-WirtschaH, einander einfach durch die Tatsachen und die technische Art der Durchführung wirtschaftlicher Aufgaben nähergekommen sind. Der Marxismus ist, in Form von Unternehmungen realisiert, keineswegs ein Modell jener Wirtschaftsweisen, deren Heraufkommen durch ein Jahrhundert von den Theoretikern des orthodoxen Marxismus vorausgesagt wurde. Es ist daher richtig, endlich einmal im Marxismus zuvorderst eine Methode der Erklärung bestimmter gesellschaftlicher Zusammenhänge zu sehen. Daher mufj man sich wundern, dah dos einzige wissenschaftliche marxistische Organ „Arbeit und Wirtschaft“ (herausgegeben vom „überparteilichen“ Gewerkschaffs-bund und der noch „überparteilicheren“ Arbeiferkammer) jetzt so viel Platz auf die Wiedergabe von Artikeln verwendet, die sich mit dem orthodoxen Marxismus beschäftigen, deren Autoren so tun, als ob es nicht die Erfahrung von einigen Jahrzehnten marxistischer Wirtschaftsführung gäbe.

„OSTERREICH BRAUCHT STACHELDRAHT“, so erklärte kürzlich ein tschechoslowakischer Major freundschalflicherweise, als er — wieder einmal — verhaftete Oesterreicher (in lebendem Zustand) über die Grenze geleitete. Allen Zwischenfällen könne rasch ein Ende gemacht werden, wenn sich Oesterreich entschließen könnte, gleich der Tschechoslowakei eine gesicherte Stacheldrahtzone, versteht sich, mit freiem Schußfeld zu errichten. Kurze Zeit vor diesen erleuchteten politischen Weisheiten beging man jenseits der rotweißblauen Grenzpfähle den „Tag der Grenzwacht“. Der tschechoslowakische Innenminister erlief; einen Tagesbefehl, in dem es hieß: „Mobilisiert alle eure Kräfte und Mittel zu einer noch erfolgreicheren Erfüllung der gestellten Aufgaben. Die Angehörigen der Grenzwacht haben sich durch opfermutigen Dienst die Liebe und Bewunderung des gesamten werktätigen Volkes errungen.“ Und das Zentralorgan der Kommunisfischen Partei sekundierte: „Ihr Mut und ihre Tapferkeit sind geradezu bewundernswert, wie sie Tag und Nacht die Unanfastbcrkeit der Staatsgrenze beschützen... in den entlegenen Stationen tief im Böhmerwald, im südmährischen Raum.“ Wenn man für „tief im Böhmerwald“ das oberösterreichische Mühlviertel setzt, und für „südmährischen Raum“ die Gegend bei Znaim, dann versteht man den „Mut“, die „Tapferkeit“ und den „opfermutigen Dienst“ besser. Es ist nun schon mehr als ein Monat her, dafj der stellvertretende tschechoslowakische Außenminister (eine Frau, die für Witwen und Waisen Verständnis haben sollte) den offiziellen österreichischen Protest wegen des Zwischenfalls bei Mitferretzbach entgegennahm und schnellste Erledigung versprach. Ein Mnaf ist vergangen. Ein Monat neuer Zwischenfälle und des Schweigens. Mit einer Ausnahme: dem Rate des Herrn, Majors, Sfacheldraht aufzuspannen.

DIE OPPOSITION GEGEN NIXON ist zum Angriff angetreten. Ihr Wortführer ist ersfaunlicher-weise nicht ein Exponent der Demokraten, sondern der republikanische Sonderberafer des Präsidenten Eisenhower, Harold Stassen. Zweierlei mag Stassen zu seiner Kampagne bewogen haben, einen anderen Vizepräsidentschaffskandidaten als Richard Nixon für die Eisenhov/er-Liste der kommenden Novemberwahlen zu propagieren: der Gesundheitszustand Eisenhowers selbst und die Tafsache, daß sich Nixon während der vorübergehenden Amtsunfähigkeit des derzeitigen Präsidenten außerstande gezeigt hafte, die Regierungsgeschäfte weiterzuführen. Es ist kein Zweifel, daß die Ansichten Stessens von den meisten republikanischen Politikern geteilt werden, doch ist es wenig wahrscheinlich, daß er mit seiner Anfi-Nixon-Kampagne Erfolg haben wird. Wenn nämlich auf dem bevorstehenden Konvent der Republikaner ein anderer zum Kandidaten für die Vizepräsidenfschaft gewählt würde, bedeutete dies das stillschweigende Eingeständnis, daß Eisenhowers Gesundheitszustand ernstlich erschüttert sei und ihm deshalb ein starker „zweiter“ Mann beigegeben werden müsse. Dieser Anschein ist es aber, den die Republikaner um jeden Preis vermeiden wollen, um Eisenhowers körperliche Verfassung nicht zu einem Wahlschlager der Demokraten werden tu lassen. Das alles muß auch Stassen gewußt haben und die Verblüffung über seinen dennoch gewagten Schritt ist daher allgemein. Obwohl ier Oeffentlichkeit keine konkreten Gründe für die Diskriminierung Nixons durch eines der wichtigsten Mitglieder seiner eigenen Partei be-anntgeworden sind, ist doch die Möglichkeit licht von der Hand zu weisen, daß Eisenhower elbst die Absichten Sfassens nicht mißb'lligt ind der Person seines eventuellen Nachfolgers jrößere Bedeutung beimißt als der möglichen Verminderung seiner Wahlchancen. Der Umstand, laß Eisenhower Stassen vorläufig nur auf vier Vochen von seinem Kabinetlsposten beurlaubt lat, dieser also unmittelbar nach dem Ende kugusf fälligen republikanischen Konvent wie-ler in Amt und Würden zurückkehren könnte, äßt immerhin qewisse Schlüsse zu . . .

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