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Sehr grau ist die rote Steuertheorie

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Daß die Opposition gegen die Steuerpolitik von Finanzminister Hannes Androsch mit schweren Geschützen auffährt, ist natürlich. Und ebenso selbstverständlich scheint, daß die Regierungspartei den Androsch-Kurs eloquent verteidigt und wahrscheinlich diszipliniert all dem im Parlament zustimmen wird, was da wieder an neuen Belastungen auf die Österreicher zukommt.

Nicht ausgeschlossen, daß man in der SPÖ über die heftigen oppositionellen Attacken sogar froh ist. Einig im Zurückweisen der Kritik wird überspielt, was innerparteiliche Uneinigkeit hervorrufen müßte: Die Androsch-Po-litik bewegt sich teilweise deutlich jenseits der „Roten Markierungen".

Es ist noch gar nicht so lange her, daß SPÖ-intern ausführlich über die Programmforderung nach einer gerechten Einkommensverteilung diskutiert wurde. Und SPÖ-Klubobmann Heinz Fischer zog im Zusammenhang mit den Problemen der Verteilungspolitik unter anderem auch diese Schlußfolgerung:

„Wenn die Wirtschafts- und Budgetentwicklung in den achtziger Jahren -was leicht möglich ist - weitere Maßnahmen zur Verbesserung des Gleichgewichtes im Staatshaushalt erforderlich machen sollte, dann wird man solche Maßnahmen nicht unter dem Gesichtspunkt der .Ergiebigkeit', sondern mehr als bisher auch unter dem Gesichtspunkt der Verteilungsgerechtigkeit ... treffen müssen."

Das ist die Fischer-Theorie.

Die Androsch-Praxis richtet sich nach der Ergiebigkeit. Und er dreht weiter an der Mehrwertsteuerschraube, Umverteilung hin, Verteilungsgerechtigkeit her.

Der Anteil der indirekten Steuern, der Verbrauchssteuern, soll weiter kräftig erhöht werden. Gar keine Frage, daß eine Mehrwertsteuererhöhung für Strom den fünfköpfigen Haushalt einer Waidviertier Bauernfamilie in der Einschicht härter treffen wird als das alleinstehende Ehepaar irgendwo in der Stadt.

Die Waschmaschine muß ganz einfach öfter laufen, der Geschirrspüler, so die Bäuerin überhaupt schon einen zur Arbeitserleichterung zur Verfügung hat, ebenso, von anderen Haushaltsund Arbeitshilfen gar nicht zu reden. Da greift die Mehrwertsteuer voll und macht das kleine Einkommen noch kleiner.

Unsozial?

Ja, würde die SPÖ ihren Finanzminister Hannes Androsch mit jenem Maßstab messen, den sie dereinst in ihrem Wirtschaftsprogramm 1968 an Stephan Koren angelegt hat.

Doch der hohe Anteil der indirekten Steuern, die „die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Steuerzahler unberücksichtigt" lassen, wird längst nicht mehr als „unsozial" gebrandmarkt, vielmehr zeigt man sich gerade in diesem Bereich erfinderisch. Androsch sucht eben in erster Linie nach ergiebig sprudelnden Steuerquellen und nimmt, wo er nur kann.

Wenn sich die SPÖ für dieses Jahr-zent die Aufgabe gestellt hat, ein höheres Maß an Verteilungsgerechtigkeit zu erreichen, dann dürfte sie sich nicht damit begnügen, die Detailfrage weniger Spitzeneinkommen zu diskutieren. Doch über die Steuerpolitk des eigenen Finanzministers spricht man nicht. Der stimmt man nur brav zu.

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