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Was Bruno Kreisky auspackt

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Der Altkanzler bricht nun sein Schweigen. Kreisky, liest man, packt aus. Für ein Interview mit einer Tageszeitung kramte er in Mallorca im Koffer seiner Erinnerungen. Mag auch die räumliche Distanz groß genug sein, die zeitliche ist es offenbar noch nicht.

Er schätzt, vernimmt man gerührt, die Oppositionspolitiker von Rudolf Sallinger über Josef Taus bis Alois Mock, mit denen er „in Wirklichkeit eine sehr gute Zusammenarbeit gehabt" hat. Nimmt man dies für bare Münze, hat Kreisky seine Wertschätzung bis zuletzt gut verborgen, hat im Wahllcampf und während der Koalitionsgespräche aus seinem Herzen eine Mördergrube gemacht.

Mutig stellt er sich vor Herbert Salcher, dem — natürlich von Hannes Androsch — die Probleme mit dem Budgetdefizit „hineingeschaufelt worden" sind. Ohnmächtig mußte wohl der Regierungschef Kreisky, dem zwischenzeitlich seine Parole, daß Milliardenschulden keineswegs eine schlafstörende Wirkung haben, entfallen scheint, diesem intriganten Treiben zugeschaut haben.

Mehr noch: Er will wie Salcher ein Androsch-Opfer sein. Hätte man ihm nämlich nicht vor fünf Jahren seine Lieblingsidee mit der Sparzinsensteuer abgedreht — die Budgetwelt wäre noch heil.

Wie überhaupt Kreisky nun Dinge übers Budget weiß, die das eingetretene Debakel noch unverständlicher machen: „Es gibt noch so viele Möglichkeiten in Österreich, Geld einzusparen", tönt's aus dem fernen Mallorca, während in Wien guter Rat teuer ist.

Und so geht es quer durch die politische Themenpalette bis hin zur Mahnung, der „Versuchung, nur eine populistische Politik zu machen, den Leuten nach dem Mund zu reden" zu widerstehen. Selbstkritik am eigenen Stil? Weit gefehlt. Nur von den Gefahren der Zukunft ist die Rede...

Erinnerungen, heißt es, sind das einzige Paradies, aus dem der Mensch nicht vertrieben werden kann. Und in diesem Paradies lustwandelt der Altkanzler heute.

Was er auspackt, sind teilweise sich anbahnende Legenden, mit der Würde des Alters vorgetragen. Versuche vielleicht auch, sich selbst die Vergangenheit zu erklären. Jedoch so ohnmächtig, wie Kreisky tut, war er zu keiner Zeit seiner 13jährigen Kanzlerschaft. So einsichtig und konziliant, wie er sich jetzt gibt, auch nicht.

An warnenden und kritischen-Stimmen in seiner Umgebung hat es zu keiner Zeit gefehlt. Nur: Kreisky wollte sie nicht hören, er hat sie - wie ein ehemaliges Regierungsmitglied im vertraulichen Gespräch klagte — als unbequem verbannt. Er wollte es besser wissen.

Versteckt gibt er das nun zu, wenn auch auf die Partei gemünzt: „Diese Mentalität, wir sind uns selber genug, wir sind eh g'scheit genug, das ist nicht gut...". Heute weiß er es besser.

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