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Welgeschichte(n)

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„Wir müssen“, sagte Bundeskanzler Kreisky an einem Frühlingstag des Jahres 1979 im Ministerrat, „wieder einmal eine größere soziale Tat setzen!“

„Das ist ganz meine Meinung“, sagte der Sozialminister, „schließlich nahen Wahlen, und ich weiß nicht, gerade diesmal...“

„Die konjunkturelle Situation“, sagte Hannes Androsch, „gestattet keine weiteren Belastungen des Budgets!“

„Das Budget“, sagte Bautenminister Moser, „hat schon so viele Belastungen ausgehalten, daß es schon nicht mehr drauf ankommt!“

„Nur über meine Leiche“, sagte der Finanzminister.

„Vielleicht“, sagte der Kanzler, ..hat einer der Herren eine Idee? Könnte man nicht eine soziale Tat setzen, die das Budget nicht belastet?“

„Solche sozialen Taten gibt es nicht“, sagte der Sozialminister, „oder haben Sie etwas im Sinn, Herr Bundeskanzler?“

„Ich weiß noch nicht so recht“, sagte Kreisky, „mir ist zwar etwas eingefallen, aber man müßte noch darüber reden. Es gibt doch in Österreich wie überall auf der Welt Reiche und Arme, und wie überall auf der Welt haben es die Gescheiten leichter, reich zu werden, als die weniger Gescheiten. Könnte man nicht etwas gegen diese Ungerechtigkeit unternehmen?“

„Du meinst“, sagte die noch immer amtierende Frau Gesundheitsminister, ..du hast. Herr Bundeskanzler, tatsächlich ein Mittel, um die Dummen klüger zu machen? Als Gesundheitsminister wäre ich daran außerordentlich interessiert!“

„Ein solches Mittel habe ich nicht“, sagte der Kanzler, „was mir vorschwebt, wäre vielmehr eine Ausgleichszahlung für jene Menschen, die durch einen niedrigeren Intelligenzquotienten gegenüber ihren klügeren Mitmenschen benachteiligt sind.“

„Ein IQ-Ausgleichsbetrag?“ sagte der Sozialminister, mit offenem Mund den Regierungschef anstarrend.

„Das würde ja viel mehr kosten als unsere ganze Landesverteidi-

gung!“ sagte Lütgendorf, auch noch immer im Amt.

„Meine Herren“, sagte der Kanzler mit einem verschmitzten Lächeln, wie er es nur noch selten zeigte, „ich meine, jeder mit einem IQ unter 100 sollte für jeden Punkt, den er unter dieser Grenze bleibt, 1000 Schilling Ausgleich bekommen. Pro Jahr. Natürlich nur für den Anfang. Später mehr.“

„Um Gotteswillen!“ rief Androsch, „jeder zweite Österreicher! Der IQ von 100 entspricht ja genau dem Bevölkerungsdurchschnitt! Wer soll das bezahlen?“

„Die Gescheiteren“, sagte Kreisky, „alle, die einen *Q von über 100 haben, zajtien pro Pu&kt 1000 Schilling. Ich sehe darin die einzige loirklich gerechte Umverfeüungsmaßnahme. Jeder Intelligenzpunkt über 100 kostet 1000 Schilling, jeder Punkt weniger bringt 1000 Schilling.“

„Aber die Reichen werden sich beim Test stockdumm stellen! Und die Dummen noch dümmer!“ rief die Frau Gesundheitsminister.

,Mitnichten“, sagte Kreisky, „ich habe mir die Sache schon überlegt. Wir veröffentlichen die Resultate. Jeder kann sich über den IQ von jedem informieren. Da wird sich keiner dümmer stellen, als er ist.“

„Also eine völlig budgetneutrale, geradezu revolutionäre Sozialmaßnahme ...“ stammelte Androsch.

„Natürlich“, sagte Kreisky, „wird immer ein gewisser Rest bleiben, es

kann sich nie ganz genau ausgehen. Ich habe die Österreicher schon immer für ein besonders intelligentes Volk gehalten, sonst hätten sie mich nicht gewählt. Ich rechne mit mehreren Milliarden Überschuß pro Jahr. Für solche Gelder muß ein eigener Fonds geschaffen werden.“

„Und wie soll der funktionieren?“ fragte der Sozialminister.

„Wir könnten uns“, sagte Kreisky, „am Beispiel des Familienlastenaus-gleichsfonds orientieren.“

„Bestens, bestens, bestens“, rief Sinowatz, „und ich erinnere dran, daß Schulbücher die Intelligenz deMenschen erhöhen! Wie wäre es mit Gratisbüchern für die Hochschüler? Könnte man nicht dafür ein paar hundert Milliönchen abzweigen?“

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