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Lauter Versöhnungen

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„Welches Glück, daß ich die große Reise zu allen unseren Freunden abgesagt habe”, sagte Präsident Carter zu Vance, während er die jubelnden Israeli auf dem Bildschirm betrachtete, , jetzt habe ich Zeit, eine Spritztour zu allen unseren Feinden zu unternehmen. Melden Sie mich sofort in Südafrika, Libyen, Albanien und Kambodscha an. Und natürlich in Kuba. Ich komme nächste Woche auf eine Stunde vorbei!”

„Um Gottes willen”, sagte Vance, „ivas wollen Sie zum Beispiel den Südafrikanern sagen?”

„Daß ich schwerste innenpolitische Risiken eingehe, um ihnen die Friedenshand entgegenzustrecken”, sagte Carter, „und daß sie •verstehen müssen, daß ich jetzt auch einen kleinen Erfolg heimbringen muß. Sie sollen die Ausbeutung ihrer Uran- und Goldvorkommen einer amerikanischen Gesellschaft überlassen, dafür reden wir nicht mehr von ,one man, one vote’!”

„Einen Freund, der kommt, ihr die Friedenshand entgegenzustrecken, kann die Queen nicht zurückweisen, melden Sie mich sofort an”, sagte Idi Amin zum erbleichenden Protokollchef von Buckingham Palace, „hoffentlich ist der Audienzsaal groß genug für die 419 Pressephotographen der Dritten Welt, die ich in meinem Jumbo mitgenommen habe! Natürlich brauche ich Ihnen nicht lang zu erklären, daß mein großzügiges Entgegenkommen mit ein paar kleinen Zugeständnissen honoriert werden muß. Ich könnte mir vorstellen, daß Ihr Land ohnehin froh wäre, ein paar lästige Journalisten, die mich in den britischen Zeitungen als Dorftyrann beschimpft haben, loszuwerden. Ich versichere Ihnen, daß sie nichts mehr spüren werden, wenn wir sie an unsere ausgesucht netten Krokodile verfüttern.”

„Ich komme, um Ihnen die Friedenshand entgegenzustrecken und zu bekennen, daß auch wir Fehler gemacht haben”, sagte Breschnjew in seiner zur Landung in Peking ansetzenden Maschine zu Teng Hsiao-ping, mit den ihn die völlig verwirrten Funker im Kontrollturm verbunden hatten, „wenn Sadat nach Israel kommt, müssen Sie sich doch auch freuen, mich zu sehen!” „Sie müssen verstehen”, sagte Teng Hsiao-ping etwas später in der Großen Halle des Volkes zu Breschnjew, „daß ich für diese Landeerlaubnis meinem Volk Zugeständnisse Ihrerseits vorweisen muß. Ein Lehrstuhl für Neo-Maois- mus an der Moskauer Universität und ein paar Grenzkorrekturen am Ussuri würden für den Anfang genügen!”

„Gut, daß Sie gekommen sind, um zu erklären, daß Sie mir Unrecht angetan haben”, sagte Franz Josef Strauß.

„Eigentlich wollte ich nur bei einem Gläschen Mosel mit Ihnen bereden, wie wir gemeinsam mit der SPD fertigwerden”, sagte Kohl.

„Sie könnten bei Sadat lernen, wie man die Sitten derer, mit denen man sich versöhnen will, repektiert”, sagte Strauß, „wenn Sie wenigstens auf ein Bier gekommen wären! Aber Mosel! Selbstverständlich versöhne ich mich gerne mit Ihnen!”

„Aber wir sind doch gar nicht böse miteinander!”

„Ja, aber das kostet Sie ein paar kleine Zugeständnisse, das müssen Sie schon verstehen”, sagte Strauß, „lassen Sie uns öffentlich fingerhakeln, wer gewinnt, wird Kanzlerkandidat und Vorsitzender des vereinigten CDU- CS U-Parteivorstandes! “

„Ich habe Sie schon erwartet, Herr Taus”, sagte Kreisky, „ich ergreife gerne die mir entgegengestreckte Hand. Und wenn ich noch so große •Schwierigkeiten mit meinen Freunden ‘bekomme.”

„Dafür nennen Sie aber in der nächsten Fernsehdiskussion meinen Ton nicht mehr gouvernantenhaft!”, sagte Taus.

„Wir sollten uns nicht mit Kleinigkeiten aufhalten”, sagte Kreisky, „ich würde Vorschlägen, Sie überlassen mir die Liberalen in diesem Land, es sind ohnehin keine sechs Prozent, dafür verzichte ich auf die Mitwirkung beim Redigieren Ihres Parteiprogrammes.”

„Als ob Sie das jemals dürfen hätten!” sagte Taus.

„Da sehen Sie, wie weit ich Ihnen schon entgegengekommen bin”, sagte Kreisky, „außerdem war das schon wieder gouvernantenhaft!”

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