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Die Bumerang-Strategie

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Eine Welle der Empörung hat die in der „Furche" vom 20. März 1971 wiedergegebene Darstellung bei den Sprechern der „Aktion Landesverteidigung" hervorgerufen, nach der die „Aktion“ über den Kameradschaftsbund ausländische Gelder für das Pro-Bundesheer-Volksbegehren erhält. Der Präsident des österreichischen Kameradschaftsbundes, Jaus, und der „Chef der Aktion Landesverteidigung“, Guth, verwahrten und „beschwerten“ sich gegen diese Behauptung, sie sprachen im Rahmen einer Pressekonferenz von einer „sehr bedauerlichen Entgleisung“.

Und ÖVP-Blätter wußten noch mehr zu berichten: „Die Furche“ verweigere eine Entgegnung, was die „Aktion Landesverteidigung“ veranlaßt habe, die Zeitung zu klagen. Im übrigen wurde der Vorwurf erhoben, daß sich der Beitrag „auf nicht näher genannte Kreise“ berief.

Nun: Außer einem Leserbrief flatterte keine Gegendarstellung in die Redaktion und von einer ein- gebrachten Klage ist keine Rede.

• Was allerdings die „nicht näher genannten Kreise“ betrifft, so dürfte die „Aktion Landesverteidigung“ mit Bumerang-Strategie kämpfen: In der ersten März-Hälfte wurde nämlich der „Chef der Aktion Landesverteidigung“, Bernhard

Guth, beim Mittelschüler-Kartellverband vorstellig, um mit der Organisation einen korporativen Beitritt zum Pro-Bundesheer-Volksbegehren zu besprechen. Als dann die Aussprache auf das Finanzierungsproblem einging, stellte Guth vor drei Spitzenfunktionären des MKV unumwunden fest, daß via Kameradschaftsbund ausländische Gelder der Aktion zur Verfügung stehen. Dieser Umstand war es auch, warum der MKV nicht der „Aktion Landesverteidigung“ bei getreten ist. (Guth ist Mitglied einer Vorarlberger MKV-Verbindung.)

• Doch auch in der Durchführung der Aktion geht es nicht ohne Schwierigkeiten und Verzögerungen ab: aus dem angekündigten Pro- Bundesheer-Volksbegehren wurde vorerst einmal — „um Geld zu sparen“ — eine Petition im Parlament für ein „Bundesgesetz über die Landesverteidigung“. Der VP-Ab- geordnete Moser brachte sie am 8. Juni im Nationalrat ein, wo sie dem Landesverteidigungsausschuß zugewiesen wurde. In diesem Ausschuß führt der VP-Abgeordnete Marwan-Schlosser den Vorsitz. Einstweilen ist aber noch nicht abzusehen, wann die Petition behandelt werden soll — und da es sich um keine Regierungsvorlage handelt, herrscht keine Eile. In dieser Situation hofft man jedoch auf Schützenhilfe des Ausschußvorsitzenden, um rascher ans Ziel zu kommen.

• Trotz der guten Absicht muß aber die „Aktion Landesverteidigung“ samt ihrer Petition noch eine weitere Hürde nehmen: Es könnte nämlich der Fall eintreten, daß der Landesverteidigungsausschuß sich als inkompetent erklärt, da das „Bundesgesetz über die Landesverteidigung“ Verfassungsbestimmungen enthält. Das würde wiederum bedeuten, daß der parlamentarische Verfassungsausschuß mit der Materie zu befassen ist. In diesem stellt die SPÖ mit ihrem Abgeordneten Weiß den Vorsitzenden.

VP-Nähe?

Sollte also die parlamentarische Behandlung der Petition verzögert werden, was zum heutigen Zeitpunkt noch als wahrscheinlich erscheint, so will die „Aktion Landesverteidigung“ spätestens im Dezember das Volksbegehren anlaufen lassen. Derzeit — deshalb geben sich die Initiatoren optimistisch — sind bereits 130.000

Unterschriften gesammelt, wovon

55.0 davon durch das jeweilige Gemeindeamt bestätigt sind. Für die Einleitung eines Volksbegehrens sind nur 30.000 Unterschriften notwendig, so daß der weiteren Durchführung schon jetzt nichts mehr im Wege stehen dürfte.

Insgeheim hofft man aber auch, daß die Volkspartei offiziell und finanziell dem Unternehmen unter die Arme greift. Nachdem man im VP-Hauptquartier der Aktion schon jetzt recht wohlwollend gegenübersteht, scheint diese Hoffnung auch nicht unbegründet zu sein. Allerdings: eine parteioffizielle Unterstützungszusage könnte der Aktion mehr schaden als nützen. Denn bisher haben Österreicher aus allen politischen Lagern für das Pro-Bundesheer-Volksbegehren Partei ergriffen. Ob sich jedoch Anhänger aus dem sozialistischen Lager für eine VP-gesteuerte Aktion aussprechen würden, ist allzu fraglich.

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