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Die Malteser im Volkerrecht

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Nach dem unglücklichen Ausgang der Kreuzzüge und dem Verlust Zyperns eroberte der Ritterorden vom Heiligen Johannes von Jerusalem (Ordo militiae Sancti Joannis Bap-tistae hospitalis Hierosolymitani), kurz Johanniterorden genannt, 1310 Rhodos. Die Souveränität des Ordens über die Insel wurde vom Heiligen Stuhl und der übrigen christlichen Staatenwelt anerkannt, womit er Völkerrechtspersönlichkeit erlangte. Nachdem er 1522 auch Rhodos hatte aufgeben müssen, wurde ihm von Karl V. 1530 die Herrschaft über Malta übertragen (daher die gegenwärtige Bezeichnung Souveräner Malteser Ritterorden, kurz auch Malteser Orden), die er bis zur Landung französischer Truppen unter dem Kommando Napoleons 1798 behaupten konnte. Seither endgültig eines eigenen Territoriums beraubt, konnte der Orden dennoch seine Anerkennung als Völkerrechtssubjekt weiterhin durchsetzen.

Die rechtliche und politische Problematik eines Völkerrechtssubjektes ohne Territorium hat — begreiflicherweise — die Völkerrechtswissenschaft immer wieder beschäftigt. Allerdings entstand in den letzten Jahrzehnten in der Fachliteratur eine Lücke, weil die gewaltigen Veränderungen im internationalen politischen Leben in ihren Auswirkungen auf die geistliche, rechtliche und politische Stellung des Malteser Ordens keine entsprechende fachwissenschaftliche Berücksichtigung fanden.

Robert Prantner ist es gelungen, diese Lücke mit seiner Arbeit „Malteserorden und Völkergemeinschaft“ optimal auszufüllen. In wohltuender Weise erspart Prantner dem Leser eine langatmige historische Einführung. Er geht direkt auf das Thema zu, indem er das Theorem des. Völkergemeinwohles als das grundlegende Problem an den Beginn seiner Untersuchungen stellt und daraus die Bedeutung eines auf die Verwirklichung religiöser und sozialer Ziele ausgerichteten Völkerrechtssubjekts ableitet. Hier hebt er die Leistungen hervor, die der Malteser Orden in Erfüllung eines wahrhaft tätigen Apostolates auf dem Gebiet der internationalen Entwicklungshilfe erbringt.

Anschließend setzt sich Prantner mit Wesen, Rechtsnatur und einschlägigen Rechtsgrundlagen des Malteser Ordens auseinander und zeigt dabei, daß der Orden nicht nur völkerrechtlich, sondern auch kirchenrechtlich eine Besonderheit darstellt. Bei der völkerrechtlichen Stellung des Ordens in der gegenwärtigen Staatenwelt wird deutlich, welche Menge an Material dabei zu bewältigen war. Dem Rezensenten sei es gestattet, seinem eigenen Tä-tigkeits- und Interessengebiet entsprechend, den Abschnitt über die diplomatischen Beziehungen des Ordens besonders hervorzuheben. Hier hat Prantner die Basis für die Beachtung seiner Arbeit weit über den nur an Malteserfragen interessierten Kreis hinaus geschaffen. Auch hier bringt er eine Fülle sonst kaum zugänglichen Materials über die Tätigkeit des Malteser Ordens in den verschiedensten Zweigen internationaler Hilfe auf nahezu allen Kriegsschauplätzen des noch lange nicht intensiv genug geführten Kampfes gegen Armut, Krankheit und Tod.

Wer sich ohne Voreingenommenheit mit seinen Ausführungen beschäftigt, sieht sich unwillkürlich mit der Frage konfrontiert, unter welchen Voraussetzungen und inwieweit bei der gegenwärtig vorherrschenden Tendenz zu Vermassung und Verflachung. eine elitäre Ge-iS'x^jiifiOfrsv'ßiiijnSi “iyfHji'W n9; n meinschaft mit sittlich-religiösen und sozial-humanitären Zielsetzungen dazu beitragen könnte, Freiheit und Demokratie vor einem Umschwung in Diktatur und Tyrannei zu bewahren. Die Lektüre des vorliegenden Buches von Robert Prantner kann daher nicht nur den am Gegenstande unmittelbar Interessierten, sondern auch allen jenen empfohlen werden, die sich um das Schicksal der nachkommenden Generation Gedanken machen. Der Rezensent kann sich nur den Worten des österreichischen Altmeisters der Rechtsphilosophie und des Völkerrechtes, Alfred Verdross, anschließen, der in einem Wort des Geleits betont, daß es das große Verdienst Prantners sei, die Entwicklung der Idee des „Bonum commune huma-nitatis“ als Leitziel des Völkerrechtes herausgearbeitet und dargetan zu haben, in welcher Weise der Malteser Orden zur Mitarbeit an der Verwirklichung dieses hohen Zieles berufen Ist.

Zu danken ist auch Verleger Johannes Broermann, der das Erscheinen dieses Werkes ermöglichte.

MALTESERORDEN UND VÖLKERGEMEINSCHAFT, von Robert Prantner. Verlag Duncker & Humblot, Berlin, Schriften zum Völkerrecht, Band 39. 260 Seiten, öS 374.20.—.

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