Aber nicht nur Juristen sind gegen die ASVG-Ruhensbestimmun-gen, auch die Ärzte lehnen sie völlig ab. In der Grazer „Gesellschaft für Menschenwürde“ wandte sich kürzlich der bekannte Neurologe Univ.-Prof. DDr. Pakesch mit scharfen Worten gegen sie, da sie es den Pensionisten praktisch unmöglich machen, einer bezahlten Arbeit nachzugehen. Die kleinen Leute werden dafür bestraft, daß sie arbeiten, was um so tragischer ist, als die Arbeit eine wunderbare Therapie gegen die Vergreisung darstellt.
In der Budgetdebatte sprach Abg. Kulhanek (ÖVP) vom großen Unrecht der Ruhen sbestimmungen und Abg. Kindl (FPÖ) verurteilte sie aus rechtlichen und moralischen Grün-
den; er schlug vor, sie so lange zu sistieren, als die Arbeitslosenziffer nicht eine bestimmte Höhe erreicht habe. Dieser Ausweg wurde übrigens schon vor Jahren vom leitenden Beamten des Hauptverbandes, Hofrat Dr. Melas, empfohlen.
Es muß noch darauf verwiesen werden, daß Rentner, die wieder in ein Angestelltenverhältnis treten, die vollen Beiträge zur Rentenversicherung abführen, die aber keineswegs dann, wie es einmal früher war, zur Erhöhung ihrer Pensionen dienen, sondern der Gesamtheit der Rentner bzw. den Anstalten zufallen. Was würde also diese letzteren wirklich der Wegfall des Paragraphen 94 ASVG, d. h. die Belassung der ungekürzten Renten kosten? — Und wenn Hillegeist dann noch sagt, daß es bei Wiedereinführung der bereits aufgehobenen Ruhensbestimmungen möglich wäre, die Witwenrenten um 10 v. H. zu erhöhen, so muß ich dem entgegnen, daß den Witwen viel mehr dadurch geholfen wäre, wenn sie, nach Aufhebung des Paragraphen 94, bei einer ungekürzten Witwenrente jeder Beschäftigung nachgehen könnten.
Die Reformpläne des Präsidenten Hillegeist sind also aus rein sachlichen Gründen und im Interesse der Rentner kritisierbar, unbeschadet der unleugbaren Verdienste Hillegeists um die Angestelltenschaft.
