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Vorarlbergs Tempo 100 auf Autobahnen und 80 auf Bundesstraßen ärgert den Osterreichischen Automobilclub (OAMTC): „Aus dem Großversuch in der Bundesrepublik weiß man, daß Tempo 100 bei der Stickoxidbelastung nur ein einziges mageres Prozent Einsparung bringt... Tempo 100 rettet den Wald nicht“, faßt „Auto-Touring“ (3/86) zusammen. So dezidierte Aussagen verunsichern. Nur ein Prozent! Das ist wirklich wenig.

Die internationale Alpenschutzkommission, die im Vorjahr wegen der akuten Bedrohung des Waldes sofortige Einführung von Geschwindigkeitsbegrenzungen gefordert hatte, war wohl nicht am laufenden und offensichtlich nur mit blindwütigen Umweltschützern besetzt.

Aber jetzt wissen wir es wenigstens. Oder etwa doch nicht? Wie sah denn der deutsche Test aus? Auf 20 Teststrecken wurde der Stickoxidausstoß entweder bei vorgeschriebenem Tempo 100 oder bei unbeschränkter Geschwindigkeit gemessen. Die Ergebnisse wurden hochgerechnet und ergaben das magere eine Prozenterl.

Heißt das, daß bei rascherer Fahrt kaum nennenswert mehr Abgase anfallen? Nein, denn technisch ist klar, daß bei steigender Geschwindigkeit überproportional mehr Abgase anfallen. Die Pleite ist darauf zurückzuführen, daß kaum jemand die Höchstgeschwindigkeit einhielt.

Die ÖAMTC-Polemik gegen Tempo 100 ist daher zynisch. Der Club könnte doch auch seine Mitglieder dazu animieren, im Interesse ihrer Umwelt langsam zu fahren. Statt dessen wird weiterhin für rassige Flitzer mit toller Beschleunigung geworben und in Frage gestellt, daß langsam fahren die Verkehrssicherheit erhöhen könne:

,J)aher besteht aus Gründen der Verkehrssicherheit kein Anlaß mehr, das Tempolimit aufrechtzuerhalten“, liest man die Zusammenfassung einer statistischen Schmalspurargumentation. Auch zu diesem Thema gibt es eine deutsche Untersuchung — allerdings als Gegenargument: Die Hit-Liste der Unfallautos liest sich wie das „Who's Who“ der Auto-flitzer: Porsche 911 und 944 (125 bzw. 102 Prozent über dem Unfalldurchschnitt), Mercedes 380 und 280 (100 bzw. 64), BMW 535i und 323i (114 bzw. 60), usw...

Langsam fahren ist fraglos sinnvoll. Es erhält Leben, Vermögen und Umwelt. Es wäre schön, wenn sich der ÖAMTC vorbehaltlos zu seinem Motto „Gleiten statt hetzen“ bekennen würde.

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