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Habemus archiepiscopum!

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Hunderte Jugendliche sind am 12. und 13. Juli zum zwölften „Ka-na“-Jugendfest nach Maria Roggendorf im niederösterreichischen Weinviertel gekommen. Am 13. Juli stoßen zahlreiche Teilnehmer der traditionellen Monatswallfahrt hinzu. Sie alle ahnen an diesem Tag noch nicht, daß der „Chef“ dieses Wallfahrtszentrums, der bald 67jährige Benediktinerpater und Schuldirektor Hermann Hans Groer, vom Papst zum künftigen Wiener Erzbischof ausersehen ist.

Erst einen Tag später schlägt diese Nachricht wie eine Bombe ein, denn der Name Groer ist auch in den umfangreichsten Auflistungen möglicher Kandidaten nie in den Medien aufgetaucht. Man hat mit einem Bischof, einem Abt oder einem Hochschulprofessor gerechnet, doch Papst Johannes Paul II. sorgt für eine Sensation. Dabei bleibt der Papst seiner Linie, Seelsorger mit marianischer Ausrichtung zu Bischöfen zu berufen, durchaus treu.

Wer ist nun dieser Hans — Hermann ist sein Klostername — Groer, dessen Vater übrigens -wie bei Karol Wojtyla - Offizier war? Er stammt aus einer sudetendeutschen Familie, wuchs quasi im Schatten von St. Stephan in der Wiener Domgasse auf, besuchte das Knabenseminar der Erzdiözese Wien in Hollabrunn, das später auch seine Wirkungsstätte als Religionsprofessor wurde.

1956 publizierte Groer das mit viel Akribie zusammengestellte Werk „100 Jahre Knabenseminar der Erzdiözese Wien 1856-1956“,

eine seiner drei umfangreicheren Arbeiten (neben einer Geschichte des Hollabrunner Gymnasiums und seiner 1947 eingereichten Dissertation zum Thema „Die Kontroverse der nachtridentinischen Theologen über die Gegenwart Gottes im Gerechten aufgrund der Sendungen“).

In den Augen Roms qualifizierten ihn sicher drei besondere Leistungen für das hohe Amt:

• seine auf einer tiefen Spiritualität beruhende Seelsorgearbeit, besonders mit der Jugend,

• seine Verdienste um die Marienverehrung als Wallfahrtsdi-

rektor von Maria Roggendorf und oberster geistlicher Leiter der Legion Mariens (Legio Mariae) in Osterreich,

• sein Durch setzungs vermögen bei der Gründung des Zisterzienserinnenklosters Marienfeld bei Maria Roggendorf.

„Er ist durch die Jugendarbeit jung geblieben und spricht die Sprache der Jugend“, meint Pater Augustinus Fenz, Zisterzienser von Heiligenkreuz, Groer-Schü-ler und Legio-Mariae-Mann: „Wie er Religion unterrichtet, beeindruckt junge Menschen, 14- bis 18jährige sind fasziniert von ihm.“ Tatsache ist, daß Groer viele geistliche Berufe gefördert und entscheidend zum blühenden Nachwuchs des Benediktinerstiftes Göttweig, in das er selbst erst

vor zehn Jahren eingetreten ist, beigetragen hat.

Aus der alten Wallfahrtsstätte Roggendorf machte Groer durch die inzwischen zur Tradition gewordenen Monatswallfahrten wieder „Maria“ Roggendorf, die Gründung des Klosters Marienfeld samt Planung des Gebäudes ist eine einsam dastehende Leistung in der jüngeren österreichischen Kirchengeschichte.

Wie könnte Rom auf Groer aufmerksam geworden sein? Karol Wojtyla soll selbst knapp vor seiner Papstwahl nahe daran gewesen sein, nach Maria Roggendorf zu kommen. Der frühere Nuntius und jetzige Kurienkardinal Opi-lio Rossi und der heutige Krakauer Kardinal Frantisek Macharski sind gute Kenner und Förderer von Roggendorf. Vor allem Macharski dürfte den Papst über Groers Wirken informiert haben.

Manches spricht dafür, daß die Entscheidung des Papstes wenig mit dem von Nuntius Michele Cecchini durchgeführten Sondierungsprozeß in der Erzdiözese zu tun hat. Wie auch immer - spätestens vier Monate nach der offiziellen Verlautbarung ist mit dem Amtsantritt des neuen Erzbi-schofs zu rechnen.

Einen erfolgreichen Jugendseelsorger jetzt schon, wie es manche Medien tun, als „konservativ“ abzustempeln, scheint jedenfalls ebenso voreilig zu sein, wie den fast 67jährigen als „Ubergangslösung“ zu betrachten. Augustinus Fenz drückt es so aus: „Wie ich ihn kenne, wäre er so eine Ubergangslösung wie Papst Johannes XXIII.“

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