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Isolierte Nationalität

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Auch in der Tschechoslowakei lebt eine starke ungarische Minderheit. Rund 900.000 Magyaren haben, was im Westen kaum gewußt wird, in der Slowakei in zunehmendem Maße ums Uberleben zu kämpfen.

Während Polen und Ru-thenen in der CSSR frei ihre Beziehungen zum Mutterland pflegen dürfen, ist dies den Ungarn untersagt. Eine auch von der Budapester Regierung in bezug auf die eigenen Nationalitäten geförderte Brücken-Funktion der Minderheiten zum Abbau der Vorurteile zwischen Nachbarvölkern wird von Prag und Preßburg als „unwissenschaftliche Idee“ abgelehnt.

Aus solchen „Brücken“ könne nur allzu leicht eine autonome Kraft entstehen, die die Gesellschaft desinte-griere. Oder, wie es Jan Foj-tik, ZK-Sekretär für ideologische Fragen, formulierte: „Die tschechoslowakischen Bürger ungarischer Nationalität haben keine ausländische Bevormundung nötig.“

Aus diesem Grund dürfen Magyaren in der Slowakei -im Sinne einer 1980 erlassenen Verordnung - nur zweimal im Jahr nach Ungarn fahren. Diese Beschränkung der Freizügigkeit trägt erheblich zur Isolierung der Nationalität von der Kultur des Mutterlandes bei.

Hinzu kommt noch die drastische Erhöhung der Preise für in Ungarn herausgegebene Bücher um 53 Prozent. Seit Jänner 1988 werden ungarische Zeitschriften in der Slowakei um 80 Prozent teurer verkauft. Die Einfuhr religiöser Literatur - die in Ungarn auch in zahlreichen staatlichen Läden verkauft wird — ist überhaupt verboten.

Budapest, das jetzt immer mehr seine Verantwortlichkeit für die Minderheit in Siebenbürgen begreift, wird sich künftig den Anliegen der Magyaren in der CSSR nicht verschließen dürfen.

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