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Reslowakisienmg

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Die tschechoslowakisch-ungarischen Ver* handlungen über den Austausch der beiderseitigen Minderheiten geraten jede Weile ins Stocken. Zum Hindernis wird immer wieder die Schwierigkeit, wie die Minderheiten gegeneinander umgesiedelt werden sollen. In Ungarn befinden sich 300.000 Slowaken, in der Slowakei 600.000 Magyaren. Wird Mann gegen Mann umgesiedelt, dann bleiben in der Slowakei 300.000 Magyaren übrig. Die Tschechoslowakei will aber alle Minderheitenprobleme ein für allemal gelöst sehen und drängt auf Aufnahme der restlichen 300.000 Magyaren durch Ungarn. Ungarn aber erklärt, daß die Aufnahme so vieler Menschen unmöglich sei. Schon bei der Bodenverteilung mußten über 40.000 Personen leer ausgehen, für weitere Hunderttausende sei kein Platz mehr.

Um die Anzahl der Magyaren in der Slowakei wenigstens etwas herunterzusetzen, kam die tschechoslowakische Regierung auf einen Ausweg, er heißt „Reslowakisienmg“. Wer von den in der Slowakei befindlichen Magyaren sich als Slowake bekennt, darf bleiben und fällt nicht unter die Ausnahmebestimmungen Dieses „Entnationalisierungsdekret“ rief in Ungarn, in dem von den Fieberschauern einer Inflation geschüttelten, verarmten und ausgebluteten Ungarn, einen Sturm von Protesten hervor. Der Schmerz der kleinen Nation, die heute sich in gefährlicher Isolierung sieht, um den drohenden erheblichen Verlust ist verständlich. Andererseits ist nicht von der Hand zu weisen, daß im Zuge der durch Jahrzehnte betriebenen Magyarisierungspolitik die Slowaken die meisten Volksmitglieder verloren haben, mehr als etwa die Rumänen oder Deutschen Ungarns. Sichtbarer Ausdruck dieser Magyarisierungen waren die seit den achtziger Jahren stattfindenden Änderungen der fremdsprachigen Familiennamen in ungarische. Nach der kleinen Taxe, die dafür zu zahlen war, nannte man diese neuen Volksangehörigen „Fünf-zig-Kreuzer-Magyarert“. Die Verluste der Slowaken gehen auch noch in eine ältere Periode zurück. Es wird behauptet, daß sogar der Nationalheros Ludwig Kossuth slowakischer Abstammung gewesen sei, ebenso der Dichter Petöfi, der Petrowitsch geheißen hat.

Gewiß ist es tragisch, daß jetzt eine spätere Generation für die Fehler ihrer Väter büßen soll. Aber so ist der unerbittliche Lauf der Geschichte.

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