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Namen - nicht Schall und Rauch

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Es will heutzutage manchmal scheinen, als ob nur die Materie geschichtliche Bedeutung hätte — sei es nun als Produktionsart, die Wirtschaftsordnung, oder die organisierte Streit- und Unterdrückungs- macht. Doch muß man sich täglich wieder von der Bedeutung überzeugen, welche Gedanken, Begriffen und Worten zukommt. Natürlich wirken sie nur darum in der Geschichte, weil Menschen sie fest- halten, Menschen die stoffliche Macht nach ihnen gestalten; doch eben dies ist Menschenart. Es bleibt bei dem Dichterwort: „Mens agitat molem.“ Die geschichtlichen Erinnerungen der gegenwärtigen Tage geben nun Gelegenheit, daran zu erinnern, wie gewisse Namensänderungen — Sprachregelungen — mit dem Geschichtsablauf zusammenhin- gen. Wir meinen die Wortpaare „Böhmen-Tschechen“ und „Ungarn- Magyaren“.

Zurück bis Kelten und Pannonien

Jahrhundertelang war der Gebrauch dieser Worte gleichgeblieben. Ein Unterschied war in der Geschichte insofern, als der Landesname von Böhmen aus älterer, keltischer Zeit stammt und der Stamm der Tschechen erst am Ende des 10. Jahrhunderts das ganze Land zum Herrschaftsgebiet seiner Fürsten machte, während die Magyaren durch ihre Landnahme den älteren Namen von Pannonien außer Gebrauch setzten; ihr seither stetig wachsendes Land wurde mit ihrem Namen bezeichnet. In der eigenen Sprache nannten die Tschechen ihr

Land mit dem eigenen Namen (Cechy); so nannten es auch die übrigen Slawen und die Magyaren (Csehonszág). Das übrige Abendland blieb bei dem älteren Namen Böhmen (Bohemia). Ebenso sprachen die Magyaren in der eigenen Sprache vom Magyarenreich (Magyarország), während alle Nachbarn den anderen Namen des Volks gebrauchen, der offenbar aus hunnischer Verwandtschaft stammt, und von Ungarn reden (Hungaria).

In Ungarn wurden bedeutende Gebiete von älteren Einwohnern und Zugewanderten anderer Sprachen bewohnt; einige von diesen Nationalitäten bekamen auch eigene öffentliche Einrichtungen (Sachsengrafen, Széklergrafen). Dennoch bleibt dem Reich der Name des Reichsvolks; das Gesetz unterscheidet zwischen dem gemeinen Volk (plebs) und dem Staatsvolk (popu- lus), das mit dem magyarischen Adel gleichgesetzt wird.

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