Trump - © Foto: APA / AFP/ Saul Loeb (Bildbearbeitung: Rainer Messerklinger)

Der Reiz des Unsittlichen

19451960198020002020

Warum erfahren Trump, Kickl und Co. so viel Zuspruch? Und was kann man dagegen tun?

19451960198020002020

Warum erfahren Trump, Kickl und Co. so viel Zuspruch? Und was kann man dagegen tun?

Werbung
Werbung
Werbung

Das heurige Jahr 2024 wird bekanntlich ein „Superwahljahr“: 3,5 Milliarden Menschen werden weltweit neue Regierungen oder neue Staatsober-
häupter wählen.

Was wie eine gute Nachricht für die Demokratie klingt, kann sich allerdings als das genaue Gegenteil entpuppen. Denn momentan liegen in vielen Ländern Parteien beziehungsweise Politiker mit autoritären Tendenzen in den Umfragen vorn. In Deutschland führt die AfD bei drei wichtigen Regionalwahlen in den Umfragen und könnte bundesweit die wichtige 30-Prozent-Marke erreichen – trotz der kürzlich enthüllten Aussagen über „Remigration“, die hunderttausende Menschen auf die Straße trieb. In den USA führt Donald Trump die Umfragen, trotz zahlreicher Gerichtsverfahren und trotz seines Versprechens, einen Tag lang „wie ein Diktator“ regieren zu wollen. Und auch hierzulande erweisen sich viele von Herbert Kickls Aussagen und Vorschlägen als unvereinbar mit geltenden Rechtsnormen und der politischen Sittlichkeit.

Wieso werden Politiker für diese Art gewissenloser Demagogie nicht bestraft, sondern im Gegenteil von ihrer Wählerschaft sogar bejubelt? In „Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“ beschreibt Hannah Arendt, wie in einem Kontext, in dem sich Menschen von „Mainstream“-Parteien vernachlässigt fühlen, politischer Zynismus als befreiend empfunden werden kann. Es geht nicht mehr darum, was gesagt wird, sondern darum, ein Spektakel daraus zu machen, abseits der traditionellen Politik und ihrer Konventionen zu stehen. Die Unsittlichkeit hat ihren Reiz in der Ablehnung der Norm. Sie ist kein Mittel zum Zweck, sondern ein Zweck an sich.

Aber welche Lehre ist anno 2024 daraus zu ziehen? Am ehesten jene, dass das Aufzeigen des Tabubruchs zu wenig ist. Was es braucht, ist vielmehr eine mutigere Politik der „Mitte“: Eine Politik, die marginalisierte Menschen ernstnimmt und die Utopien wagt. Aber solche innerhalb der demokratischen Rechtsordnung – und nicht jenseits.

Die Autorin ist Professorin für Migration und Integration an der Donau Universität Krems.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung