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Kühlschrank oder 10 vor 10?

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Mir ist niemand bekannt, der nur deshalb über das notwendige Ausmaß hinaus telefoniert, damit sich die Grundgebühr auf mehr Gesprächseinheiten verteilt und dadurch relativ billiger wird.

Ich kann deshalb nicht einsehen, warum es beim Strom anders sein und unser derzeitiges Tarifsystem Anreiz zur Stromvergeudung sein soll. Auch wenn im Einzelfall die Kosten pro Kilowattstunde mit jeder zusätzlich verbrauchten Kilowattstunde sinken sollten: die Stromrechnung insgesamt wird höher und in 99 von 100 Fällen wird für das Verbrauchsverhalten wohl immer noch ausschlaggebend sein, was unter dem Strich steht.

Bei allen Einwänden im Detail verdient der Vorstoß vom Chef der Energie Verwertungsagentur, Peter Weiser, für eine Stromtarifreform unbedingt Anerkennung. Obwohl für völlig konträre energiepolitische Voraussetzungen konzipiert (Stromüberfluß statt Strommangel), würde das derzeitige Tarifsystem wahrscheinlich noch das Strom-

Zeitalter überdauern, wenn es nach unseren beamteten Energiepolitikem ginge.

Die Stellungnahme eines Herrn der Wiener E-Werke, der die Hauptschwierigkeit einer Tarifreform im Zählertausch sieht, läßt da (abgrund-)tief blicken.

Der Vorschlag von Peter Weiser, den derzeitigen Grundpreis in ein Pauschale für die Verwaltungskosten und einen Leistungsbereitstellungspreis zu teilen, hat zwei entscheidende Vorteile:

Erstens wird damit einem der Hauptprobleme der E- Wirtschaft, den tageszeitlichen Verbrauchsschwankungen und den oft nur kurzfristigen Verbrauchsspitzen, zu Leibe zu rücken versucht (es ist ja wirklich nicht einzusehen, warum thermische Kraftwerke anfahren sollen, weil die Geschirrspüler just während des Fernsehprogramms laufen müssen).

Zweitens wird durch ein derartiges System, bei dem das Überschreiten des selbstgewählten Leistungsrahmens angezeigt und tariflich bestraft wird, das Verständnis des Stromkonsumenten für die betriebswirtschaftlichen Zusammenhänge in der E-Wirtschaft gefördert. Er begreift (hoffentlich!), daß es nicht nur um die Zahl der verbrauchten Kilowattstunden, sondern auch darum geht, wann sie verbraucht werden.

Die Praktikabilität eines derartigen Systems von der meßtechnischen Seite abhängig zu machen, scheint mir im Zeitalter der Mikroprozessoren ebenso lächerlich wie die bösartige Polarisierung Kühlschrank oder „10 vor 10“.

Was das Telefonieren kostet, hängt u. a. davon ab, wann man zum Hörer greift. Im Fremdenverkehr versucht man, ' durch höhere Saisonpreise eine gleichmäßigere Verteilung des Urlauberstroms zu erreichen. Nur beim Strom aus der Steckdose soil's anders sein?

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