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Laster

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„Sünden, welche uns zur Gewohnheit werden, nennt man Laster“, haben wir einmal im Religionsunterricht gelernt. Laster nennen wir aber auch große Transport-Fahrzeuge und diese begehen auch meist gewohnheitsmäßige Umweltsünden entlang ihres Weges.

Nun hat die österreichische Regierung den heldenhaften Entschluß gefaßt, ab 1. Dezember das Land von solchen fahrenden Umweltsündern zu entlastern. Alles Unheil an Lärm und Gestank wird während der Nacht aus Österreich verbannt und den lieben Nachbarn in Bayern und Südtirol an den Hals geschickt. Heiliger St. Florian...

Österreich redet zwar - wie Bayern und Italien-auch schon seit rund 15 Jahren davon, daß in Sachen Alpentransit etwas geschehen muß, aber der von Bayern geforderte Brenner-Basistunnel wurde mit immer neuen Finten und Varianten verzögert. Wenn nun Österreich nach 15 Jahren Untätigkeit und leeren Drohungen plötzlich - aus verständlichen innenpolitischen Gründen -einfach die Grenzen dicht macht, dann trifft der ganze Schaden in vermehrtem Maße uns Nachbarn.

Von 22 Uhr bis sechs Uhrsollen alle bisher üblichen Laster nicht mehr fahren dürfen oder nur mit speziellen Ausnahme-Genehmigungen. Das bedeutet, daß spätestens ab 18 Uhr in Bayern wie in Südtirol ein Fernlaster-Wettrennen einsetzt, weil jeder noch über die Grenze kommen will.

Alle, die das nicht mehr schaffen, bilden' auf der bayerischen Seite der Autobahn endlose Warteschlangen von Kiefersfelden bis zurück zur Autobahn München-Salzburg. Es gibt für diese gestauten LKW keine Parkplätze und für die Fahrer weder Wirtshäuser noch sanitäre Anlagen. Ab sechs Uhr früh fahren dann die Kolonnen gleichzeitig los.

Wer Frischfleisch für Italien geladen hat und vor zehn Uhr im Stau hängenbleibt, bringt es am nächsten Tag in Italien auf den Markt, wenn der Markt vorbei ist. Dasselbe passiert umgekehrt den Italienern und Südtirolern mit empfindlichem Obst und Gemüse. Wer mit seinen Weintrauben um 22 Uhr am Brenner hängenbleibt, kann sie in München nach neun Uhr vormittags nur noch zur Müllkippefahren.

Österreich hätte von seiner Souveränität nichts abgegeben, wenn es die Maßnahmen und ihre Folgen vor der Verkündigung mit den betroffenen Nachbarn abgesprochen hätte. Dies ist bis heute nicht erfolgt.

Wir in Bayern würden zum Beispiel einen verbindlichen, aber realistischen Stufenplan für die Umrüstung der Speditionen mit umweltfreundlicheren Lastern für sinnvoll halten. Jedenfalls für besser, als ein> stures Prinzip endloser Ausnahmen über vielerlei Beziehungen. Aber uns fragt ja in Wien keiner.

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