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Mackie Messer im Volkstheater

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Wer die aus den Außenbezirken ins Stammhaus rückgesledelte „Drei-groschenoper" im Volkstheater aufmerksam anschaut und aidiört, ist versucht, zuerst einmal die Unzerstörbarkeit des Werkes von Brecht und Weill zu konstatieren. Man hat, dank der guten Plattenaufnahmen, ja vornehmlich die brisanten Songs und Chöre im Ohr. Aber da gibt es auch Dialoge von kaum überbietbarer dialektischer Brillanz und zynischer Schnoddrigkeit. Gewiß, „die Armen" und „die Reichen" — das schaut bei uns heute anders aus. Aber anderswo? Und was sonst noch von Brecht der Gesellschaft am Zeuge geflickt wird — davon ist auch heute und bei uns längst nicht alles in Ordnung! Am schwächsten an dieser Aufführung war es mit der Musik bestellt, obwohl sich fast alle Schauspieler als durchaus musikalisch erwiesen und mit ihren Gesangspartien sehr ordentlich zurecht kamen. Aber das Orchester! Weill verlangt acht bis neun Spieler: einige Bläser,

Banjo, Klavier, Harmonium und Schlagwerk. Hiedurch entsteht jener charakteristische, trockene „plakative" Klang, den alle Weill-Verehrer so lieben. Im Volkstheater hat man von der verkitschenden Bearbeitung früherer Aufführungen durch Norbert Pawlidii zwar abgesehen, aber mit vier Spielern ist diese Meisterpartitur beim besten Willen nicht zu realisieren. Wer diese Musik zum ersten Mal hört, wird mit einem verfälschten, schäbig reduzierten Klangbild betrogen. Da haben die Veranstalter an der falschen Stelle gespart, und wenn sonst niemand dagegen Einspruch erhebt im Namen Weills, dann muß es der Musikkritiker tun. Hingegen hätte man zwei von Brecht und Weill verfügte Striche nicht aufzumachen brauchen. Wir meinen die letzte Strophe der „Zuhälter-Ballade" und den „Song von der sexuellen Hörigkeit". Die Texte Brechts sind ohnedies hart und deutlich genug.

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