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Miteinander in Europa

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Die Herren Parteiführer, Minister und Ministerpräsidenten, Lords, Abgeordneten, internationalen Sekretäre sowie die ein wenig spärlich anwesenden Delegierten weiblichen Geschlechts machten aus der Not eine Tugend: Da das Podium im Presse-Raum des Kavalierhauses im Salzburger Schloß Kleß-heim für sie alle viel zu klein war, rückten sie eng zusammen.

Und also boten die Vertreter von über 20 in der „Europäischen Demokratischen Union” (EDU) zusammengefaßten Parteien auf ihrer Dritten Parteiführerkonferenz in Salzburg vor den Journalisten jedenfalls optisch ein Bild gediegener Geschlossenheit.

ÖVP-Obmann Alois Mock, der in Salzburg für weitere zwei Jahre zum Vorsitzenden der EDU gewählt wurde, konnte denn auch das Miteinander in dieser Ideen- und Arbeitsgemeinschaft von Christdemokraten, Konservativen und Liberalen nicht oft genug betonen.

Daß es für die Mitte- und Mitte-Rechts-Parteien des freien Europa grundsätzlich notwendig ist, sich ein gemeinsames Bild von Europa und seinen Beziehungen zur übrigen Welt zu machen, ist für den Delegierten der britischen Konservativen, Lord Soames, auch ein Hauptgrund dafür, daß die EDU überhaupt existiert.

Lord Soames, Führer der Konservativen im Oberhaus und weltweit bekannt geworden durch sein erfolgreiches Engagement im Rhodesien-Konflikt, erklärte in einem Gespräch der FURCHE gegenüber:

„Diese Art der Zusammenarbeit hat bei den Zentrumsparteien keine Tradition - im Gegensatz zu den Linksparteien, die internationalen Aspekten schon immer ein Auge zugewendet haben. Tatsächlich aber sind sich Sozialisten und Sozialdemokraten nicht einmal untereinander in ihren eigenen Ländern einig, geschweige denn in ihren internationalen Beziehungen.”

Lord Soames will die EDU als Faktor europäischer Politik zwar nicht überbewerten, glaubt aber doch, daß der Ansatz richtig sei. Und er ist überzeugt, daß die EDU im Vergleich mit der Sozialistischen Internationale, was konkrete Dinge der Zusammenarbeit anbelangt, besser abschneide.

Vor allem auch was die Beziehungen der EDU zur Dritten Welt anbetrifft, sieht der Afrika-Experte Soames echte Chancen. Erste Schritte in diese Richtung wurden bei der Konferenz in Salzburg deshalb auch schon gemacht: Lord Soames wird für die EDU ein Papier über die Entwicklung der politischen Strukturen in Afrika in den achtziger Jahren erarbeiten.

Vorerst aber bleibt die EDU noch auf festem europäischen Boden, beschäftigt sie sich vornehmlich mit europäischen Problemen. Schwerpunkte in Schloß Kleßheim waren: • Familienpolitik: Die in der EDU zusammengeschlossenen Parteien bekennen sich nachdrücklich zur Familie als der wichtigsten und ursprünglichsten Lebensform. Das Elternrecht müsse vor ungerechtfertigten Eingriffen des Staates geschützt und die Familien durch soziale und wirtschaftliche Maßnahmen in die Lage versetzt werden, ihre Aufgaben vollverantwortlich zu erfüllen. In diesem Sinne würden auch Empfehlungen ausgearbeitet und an die Mitgliedsparteien weitergegeben.

Dieses Aktionsprogramm der EDU zur Familienpolitik trägt deutliche, von christlichen Grundwerten inspirierte Züge. Allerdings: Volle Einigkeit konnte die EDU in diesem Punkt in Salzburg nicht erzielen. Die vorgeschlagenen Scheidungs- und Abtreibungsbestimmungen waren skandinavischen Vertretern offenbar etwas zu rigoros, im Abschlußkommunique wurden sie dann auch schlicht und einfach weggelassen.

• Erweiterung der EG: Ausführlich debattiert wurde die Süderweiterung der Europäischen Gemeinschaft um die Staaten Griechenland. Spanien und Portugal. Dabei betonten die Mitgliedsparteien der EDU grundsätzlich die Offenheit der EG, sie erwarten jedoch, daß diese Beitrittsphase die EG auf eine schwere Belastungsprobe stellen wird. • Die europäische Linke: In einem ausführlichen Bericht hat ein Unterausschuß der EDU die derzeitigen Entwicklungslinien auf dem Gebiet der Ideologie und der politischen Strategie der sozialistischen und sozialdemokratischen Parteien Europas analysiert und empfiehlt bestimmte Verhaltensweisen gegenüber diesen Parteien:

Linksparteien mit totalitären Haltungen seien echte politische Feinde und deshalb eine Zusammenarbeit mit ihnen unmöglich; Parteien ohne solche totalitären Tendenzen hingegen sollter als gültige Gegner und Mitbewerber be trachtet werden. . \

Keine Resolution, sondern nur einen zusammenfassenden Bericht über die Diskussionen gab es zum Fragenbereich „Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa”.

• Kein Wunder: Die von den meisten Parteien aus der militärischen Sicherheitslage in Europa gezogenen Schlußfolgerungen waren für die Vertreter der Nationalen Sammlungspartei Finnlands etwas zu harte Brocken: etwa, daß ein militärisches Gleichgewicht in Europa als Folge der sowjetischen Aufrüstung mit SS-20-Mittelstrecken-Ra-keten und „Backfire”-Bombern nicht mehr existiere.

Ausgerechnet der Vorsitzende dieser finnischen Nationalen Sammlungspartei, Ilkka Suominen, hatte auch den Vorsitz im Unterausschuß der EDU inne, die sich mit diesem Komplex beschäftigte.

Suominen betonte der FURCHE gegenüber, daß es nicht die Sache seiner Partei sei, zu entscheiden, welche Seite mit der Aufrüstung in Europa begonnen habe: die NATO oder der Warschauer Pakt. In der Beurteilung der Situation habe es zwischen seiner Partei und vor allem den bundesdeutschen Unionsparteien CDU/CSU Differenzen gegeben.

EDU-Chef Mock war trotz dieser Zwistigkeiten mit der bisher in der Organisation geleisteten Arbeit zufrieden, wenngleich ihn gestört hat, daß die wichtigsten Parteiführer der in der EDU zusammengeschlossenen Parteien - nämlich jene, die auch Regierungschefs sind - selber nicht nach Salzburg gekommen waren: etwa die Chefin der englischen Konservativen, Premierministerin Margaret Thatcher, oder der spanische Ministerpräsident Adolpho Suarez.

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