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Bei den Nationalratswahlen 1983 schaffte wenigstens ein einziger Kandidat im Gegensatz zu den Wahlen 1986 den Sprung ins Parlament über Vorzugsstimmen: Uber 60.000mal notierten damals SPÖ-Wähler den Namen , Josef Cap“ neben das berühmte „Kreuzerl“ für die Parteiliste.

Der frühere Vorzugsstimmen-Abgeordnete brachte es am 23. November 1986 gerade noch auf 919 Nennungen. Wegen des Man-

datsverlusts der SPÖ muß Cap diesmal um sein Mandat zittern.

Während Sozialisten und Volkspartei bei ihren Koalitionsverhandlungen unter anderem auch um ein mehr persönlichkeits-orientiertes Wahlrecht ringen, findet die im geltenden Wahlrecht vorgesehene Möglichkeit, durch Vorzugsstimmen der Reihung der Parteilisten ein Schnippchen zu schlagen und seinem persönlichen Favoriten zu einem Parlamentssitz zu verhelfen, beim österreichischen Wähler wenig Anklang.

Von den insgesamt 4,851.913 gültigen Stimmzetteln enthielten bloß 133.124 zusätzlich den Namen eines Kandidaten, das sind 2,7 Prozent aller gültigen Stimmen. Mit anderen Worten: nicht einmal drei von hundert Wählern machten am 23. Novem-“ber von ihrem Vorzugsstimmenrecht Gebrauch.

Die meisten Vorzugsstimmen wurden von den Wiener Wählern vergeben. Fünf von hundert Wienern nannten zusätzlich einen Kandidaten ihrer Wahl auf dem Stimmzettel. Schlußlicht in der Wahlkreisstatistik ist das Burgenland: nur 0,75 Prozent der Gültigwähler vergaben auch Vorzugsstimmen. In Niederösterreich und in Salzburg waren es jeweils 2,7 Prozent, in Oberösterreich, Vorarlberg und der Steiermark jeweils 2,3 Prozent, in Tirol 1,6 und in Kärnten 1,5 Pozent.

Allerdings: die meisten Vorzugsstimmen erzielten in der Regel die Spitzenkandidaten. In

Kärnten zum Beispiel konnte Jörg Haider fast 95 Prozent aller für FPO-Kandidaten in diesem Wahlkreis vergebenenen Vorzugsstimmen für sich einheimsen.

Franz Vranitzky, Spitzenkandidat der SPÖ im Wahlkreis Wien, erreichte von den insgesamt 19.962 für sozialistische Kandidaten verteilten Vorzugsstimmen satte 14.007, das sind knapp über 70 Prozent.

Alois Mock erging's da nicht ganz so gut. Der ÖVP-Kanzler-kandidat führte die Liste seiner Partei in sechs von neun Wahlkreisen an und verbuchte dabei zum Teil stark unterschiedliche Ergebnisse bei den Vorzugsstimmen: am besten schnitt Mock noch in Kärnten mit knapp 45 Prozent aller VP-Vorzugsstimmen ab. In Oberösterreich gaben rund 22 Prozent der ÖVP-Wähler Mock ihren persönlichen Vorzug, in der Steiermark nur noch 12 Prozent.

In jedem Fall würden nach dem Ergebnis der Vorzugsstimmen-Auszählung in allen vier Parlamentsklubs überwiegend andere Gesichter vertreten sein, als dies nach der Listenreihung nun der Fall ist. Im Burgenland zum Beispiel übertrafen gleich drei weiter hinten gereihte VP-Kandidaten die drei Listenführer. Und der an 17. Stelle der niederösterreichischen SP-Liste gereihte Walter Renner darf sich über 5.261 Vorzugsstimmen freuen, fast so viele wie Listenführer Vranitzky. Im Vergleich dazu brachte es Ren-, ners Genosse Fritz Marsch, seines Zeichens SP-Zentralsekretär, auf eine ganze Vorzugsstimme. Dennoch zieht Marsch in den Nationalrat ein, rangiert er doch auf dem 5. Listenplatz.

Die „Platzhirsche“ haben also allen Grund, einem Persönlichkeitswahlrecht entgegenzuzit-tern.

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