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Torberg ist tot

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Torberg ist tot? Sein verschmitztes Lächeln leuchtet noch. Seine Strenge erfüllt die genau artikulierten Worte immer noch mit Kraft. In seiner Stimme zittert noch das durch Ironie halb unterdrückte Gefühl. Und all die großen Romane, guten Gedichte, wichtigen Anekdoten haben nun also ihren Autor verloren? Verwandeln sie sich nun, von der lebendigen Persönlichkeit abgetrennt, zu einem in seiner Edgül- tigkeit gleichsam kristallinischen Teil der Weltliteratur?

Vor ein paar Wochen haben wir auf diesen Spalten Torbergs Werk gewürdigt. Torberg erhielt den Großen Staatspreis für österreichische Literatur - der Anlaß war geeignet, eine kleine Skizze über diesen letzten lebenden Vertreter eines großstädtischen Literaturkreises zu Papier zu bringen.' Brod, Polgar, Werfel, .Broch: für uns, Jüngere, klingt es wie eine Legende. Torberg tat alles, um einer Verklärung zu entgehen. Er wollte lieber für einen Wasserballer a. D. gelten, als für eine mythische Figur.

Dabei lebte in ihm das Mythische ungebrochen: in der vitalen Mystik seiner jüdischen Konfession. Torbergs Werk steht im Zeichen des mosaischen Glaubens. Er gehört zu den großen religiösen Schriftstellern der österreichischen Literatur.

Zu nahe der Augenblick seines Todes; wir stammeln, suchen die richtigen Worte für die Darstellung eines Lebens zwischen Willenskraft und Melancholie. So viel möge für den ersten Augenblick genügen. Friedrich Torberg ist tot. Nach Doderer, Lernet, Gütersloh nun auch er. Nur mehr schriftlich verkehren mit uns die Meister. Wir bleiben mit ihrer Sprache allein.

Eine ausführliche Würdigung des Werkes von Friedrich Torberg bringt die FURCHE nächste Woche.

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