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Über Hildegard

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Hildegard von Bingen gilt wohl mit Recht als die bedeutendste Frau, die das mittelalterliche deutsche Reich hervorgebracht hat. Sie, die von 1098 bis 1179 lebte, hat als Benediktinerin das Kloster Rupertsberg in Bingen gegründet und ist ihm als Äbtissin vorgestanden. Ohne je offiziell heiliggesprochen worden zu sein, wird sie doch seit dem 16. Jahrhundert im römischen Heiligenverzeichnis geführt. Sie wird als „prophetische Lehrerin der Kirche an der Schwelle und am Ende der Neuzeit“ bezeichnet.

Tatsächlich hat sie erstaunliche naturwissenschaftliche, medizinische, theologische und musische Werke verfaßt, die zumindest kulturgeschichtlich von großem Wert sind. Problematisch wird das Interesse an Hildegard, die in manchen Kreisen „en vogue“ ist, wenn sie für die Legitimierung einer bestimmten „Ende der Neuzeit“-Haltung mißbraucht wird.

Ein wenig ist dies in dem vorliegenden Buch der Fall. Eduard Gronau, selbst evangelischer Pastor, bietet eine umfangreiche Biographie und Werksbeschreibung, die allzu vordergründig von nicht artikulierten apologetischen Interessen eines fundamentalistisch verstandenen Glaubens aus dem Blickwinkel des 20. Jahrhunderts geleitet wird.

Hildegard konnte und wollte keine Antwort geben auf „den heutigen Nihilismus und das sterile Auswahlchristentum“. Auch ihre Visionen wurden zu unkritisch übernommen. Es wäre zu fragen gewesen, was diese zu ihrer Zeit wohl bedeutet haben mochten.

Der Versuch, Leben und Werk Hildegards allgemein verständlich und einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, ist trotzdem erfreulich, mehr als 40 Bilder unterstreichen diese Tendenz.

HILDEGARD VON BINGEN. Von Eduard Gronau. Christiana-Verlag, Stein am Rhein 1985. 436 Seiten, 40 Abb., geb., öS 280,80.

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