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Ist Herbert von Karajan mit seiner „Lohengrin“-Inszenie-rung für die Salzburger Osterfestspiele überhaupt fertig geworden? Das ist die Hauptfrage, die sich wohl viele Zuschauer nach dieser Festspielvorstellung gestellt haben mögen. Denn was Karajan als Regiekonzept anbietet, kommt auf der Bühne nicht einmal über einen unpersönlichen Ansatz hinaus, bleibt in fragwürdigen Opernklischees und nichtssagenden Andeutungen stecken. Was jedenfalls Wagner in dieser romantischen Oper — oder sagen wir schon besser in diesem ersten Musikdrama — an Vorstellungen von Erlösung, Wiederkehr in einem zweiten Leben, christlichem und heidnischem Mythos verpackt hat, bleibt Uber lange Strecken ungestaltet.

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Ist Herbert von Karajan mit seiner „Lohengrin“-Inszenie-rung für die Salzburger Osterfestspiele überhaupt fertig geworden? Das ist die Hauptfrage, die sich wohl viele Zuschauer nach dieser Festspielvorstellung gestellt haben mögen. Denn was Karajan als Regiekonzept anbietet, kommt auf der Bühne nicht einmal über einen unpersönlichen Ansatz hinaus, bleibt in fragwürdigen Opernklischees und nichtssagenden Andeutungen stecken. Was jedenfalls Wagner in dieser romantischen Oper — oder sagen wir schon besser in diesem ersten Musikdrama — an Vorstellungen von Erlösung, Wiederkehr in einem zweiten Leben, christlichem und heidnischem Mythos verpackt hat, bleibt Uber lange Strecken ungestaltet.

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Dafür bieten Karajans Bühnenbildner Schneider-Siemssen und Kostümausstatter Georges Wakhevitch einen denkbar luxuriösen Rahmen, der über den Mangel an Tiefgang hinwegtäuschen soll. Prunkvoll vergoldete Arkaden, Bilder eingefügt in Architekturbögen, wie sie in der Manessischen Minnesängerhandschrift dargestellt werden, wurden dem Bühnenportal und den Seitenwänden des großen Festspielhauses vorgeblendet, die ein kleiner Säulenwald, der die Bühne siebenfach teilt, verstellt; dahinter rollt das Spiel um den Schwanenprinzen ab.

Aber Karajan hat überdies alle Dramatik abgeräumt, Bewegung soweit wie möglich vermieden. Alles' steht oder schreitet feierlich. Und damit diese totale Ruhe nur ja nicht gestört wird, ist auch der Chor hinter den Seitenarkaden, fast nicht sichtbar, versteckt Ein Beweis, wie sehr hier gegen Wagner inszeniert wurde, der den Chor als dramatische Kraft besonders intensiv einsetzt und mitspielen läßt... An Stilbrüchen ist jedenfalls kein Mangel. Und wie seltsam mutet es erst an, daß gerade in dieser auf Gemälde- und Freskoeffekte gearbeiteten Aufführung der Schwan bloß als projiziertes Strahlenbündel erscheint...

Wenigstens musikalisch fehlt es diesem Lohengrin zum Glück nicht an Feuer, Glanz und Farben. Karajan sorgt für Spannung. Die Berliner Philharmoniker spielen souverän wie stets, der Wiener Staatsopernchor ist die Stütze der Aufführung. Die Besetzung wirkt recht solide, reicht indes nicht an das Niveau eines internationalen Festivals heran. Vor allem Rene Kollo als Lohengrin wirkt übermüdet, so daß sein schönes, weiches Timbre nicht voll zum Tragen kommt. Anna Tomowa-Sin-tow ist eine moderne, übersensible Elsa mit kleinem, aber geschmeidigem Sopran. Karl Ridderbusch — ein großartiger König Heinrich. Mit größerem Abstand folgen die Ortrud der Ursula Schröder-Feinen (zu schrill und forciert) und Siegmund

Nimsgern als dämonischer Telra-mund. Solide der Heerrufer Robert Kern.

Das Publikum reagierte weitaus zurückhaltender als es bei Karaj anAufführungen sonst der Fall ist: von Begeisterung und Enthusiasmus keine Spur. K. H.

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