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Vor uns die Sintflut?

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Peter Kaiser, Journalist (vom ORF), schrieb sein zweites Buch über die Polsprungtheorie: „Vor uns die Sintflut“ (ohne Fragezeichen!). Was schon mehrfach als Erklärung für zahlreiche Rätsel der Erdvergangenheit angeboten wurde, ist bei Kaiser systematisiert und mit neuen Argumenten untermauert. Seine durchaus überzeugenden Schlußfolgerungen auf einfachsten Nenner gebracht: Bei Polsprüngen werden die Kontinentalmassen im Zuge plötzlicher Erdkrustenverschiebungen über den Erdball bewegt. Auf jedem Punkt der Erde kommt es zu negativen und positiven Beschleunigungen, diese Kräfte spalten die Landmassen auf. Da. aber die Erde eine Kugel ist, kommt es später immer wieder zu Zusammenschlüssen auseinandergebrochener Kontinentalteile.

Ein Vorzug dieser Theorie: Sie führt widersprüchliche Erscheinungen elegant auf eine Ursache zurück.

Auch die Menschheit blieb und bleibt von den Folgen dieser Polsprünge nicht verschont. Ganz abgesehen einmal von den tektonischen Prozessen, wie Erdbeben und Klimaveränderungen, wird Kaiser zufolge auch der van-Allen-Gürtel, der die Erde normalerweise vor radioaktiver Bestrahlung aus den Weiten des Alls schützt, gestört — die Folge sind gehäuft auftretende Mutationen, plötzliche Veränderungen vieler Arten.

Kaiser zeigt im ersten Teil des Buches anhand einer systematisierten Anthropologie (freilich ohne Anspruch auf absolute Gültigkeit), daß darwinistische wie lamarckstische Menschwerdungstheorien eben hier Lücken In ihren Kausalitätsketten aufweisen. Es ist etwas mühsam, sich als Nichtfachmann durch dieses Impromptu durchzubeißen, aber durch die Fülle des angebotenen Materials wird die angebotene Mutations-Alternative um so plausibler.

Mit Absicht vermied Kaiser — trotz Heranziehung von alttestament-lichen Texten in der Art Cerams — jede Abirrung ins Metaphysisch-Religiöse. Er versucht vielmehr, auf Grund vorhandener Daten, im Einklang mit dem aktuellen Forschungsstand, naturwissenschaftlich belegbare Thesen aufzustellen. (Faszinierend auch seine Atlantistheorie mit köstlichen Seitenhieben auf Däni-ken.)

Nach „Die Rückkehr der Gletscher“ liegt mit „Vor uns die Sintflut“ also die zweite Abhandlung Peter Kaisers zur Untermauerung der Polsprungtheorie vor. Man darf erwarten, daß er das Thema noch nicht ad acta legt. Vielleicht hört man nächstes Mal mehr über die Reaktionen der Fachwelt auf sein zweites Buch. Er ist zwar ein Außenseiter, aber seine Seriosität und Genauigkeit dürfte es den beamteten Vertretern der berührten Disziplinen schwer machen, seine Arbeit zu ignorieren.

VOR UNS DIE SINTFLUT. Von Peter Kaiser, Langen-Müller-Verlag, Wien-München, 530 Seiten, öS 261.80.

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