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Was Graff nicht aus dem Kopf will

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Wenn sich QVP-Generalsekre-tär Michael Graff giftet, kann er das kaum verbergen. Und ihn ärgert Kritik am Jugendwohlfahrtsgesetz, vor allem auch, daß sie von der „Aktion Leben“ an ihn und alle anderen Abgeordneten zum Nationalrat herangetragen wurde.

„Es ist schade, daß Sie Zeit und Spendengeld für eine durchaus überflüssige Mobilisierungsaktion aufwenden und nicht dort, wo wirklich etwas für den Schutz der Ungeborenen geschehen könnte“, formulierte er jetzt mit dem ihm eigenen Fingerspitzengefühl in seinem Antwortschreiben barsch.

Nicht nur die Unverschämtheit ist aufschlußreich. Denn wenn Graff von den Ungeborenen schreibt, dann mit juristischem Hausverstand, den ihm wirklich niemand absprechen kann.

Genau das ist das Wort, das als Rechtsbegriff im Allgemeinen bürgerlichen Recht verankert ist. Und — wie sich zeigt — auch im Kopf von Michael Graff.

Es gibt ungeborene und geborene Kinder, aber es sind Kinder und müssen es gar nicht erst werden. Und „selbst ungeborene Kinder“, heißt es im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch, „haben von dem Zeitpunkt ihrer Empfängnis an einen Anspruch auf Schutz der Gesetze“.

Auch wenn Familienministerin Marilies Flemming, mannhaft vom ÖVP-Generalsekretär darin bestärkt, jetzt die Neuerfinderin des Rades mimt, ist die Formulierung vom „werdenden Kind“ ein Rückschritt.

Das weiß sie, das weiß die ÖVP. Daher die Ausflucht, daß in den erläuternden Bemerkungen klargestellt werden soll, was der Gesetzestext an Klarheit missen läßt.

Mitnichten. Und schon gar nicht „unmißverständlich, daß die Entwicklung des Kindes selbstverständlich mit der Empfängnis beginne“, wie das Flemming zuletzt in Graz behauptet hat. Dabei weiß sie haargenau, daß sogar noch die Wendung von „der werdenden Mutter mit dem werdenden Kind ab seiner Empfängnis“ aus den Erläuterungen ihrer Vorlage herausgestrichen wurde.

Von „ab der Empfängnis“ ist heute keine Rede mehr, sondern nur mehr davon, daß „mit der Empfängnis“ eine biologische Entwicklung eintritt. Nona, Frau Minister.

Ab der Empfängnis oder irgendwann im Rahmen der biologischen Entwicklung, die mit der Empfängnis eintritt: ein ganz entscheidender Unterschied für den Schutz ungeborener Kinder.

Das weiß Flemming, das weiß die ÖVP. Daher redet man sich heute schon auf den Ausschußbericht aus, in dem erklärt werden soll, was weder Gesetz noch Erläuterungen gewähren. Nach den Erfahrungen mit den schönen Worten im Bericht zur Fristenregelung weiß jeder, was davon zu halten ist. Nichts.

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